Digitale Ermittlungen
Fünf Jahre nach Vierfachmord von Rupperswil wird bekannt: Umstrittene Fahndungsmethode war nutzlos

Der Fall Rupperswil gilt als die erste grosse digitale Ermittlung der Schweiz, weil der Täter mit einem Antennensuchlauf ermittelt worden sei. Doch die These ist falsch.

Andreas Maurer
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Vierfachmord Rupperswil – von der Tat bis zum Urteil: Am 21. Dezember 2015 wird Rupperswil zum Schauplatz eines der grausamsten Mordfälle in der Schweizer Kriminalgeschichte.
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Als die Feuerwehr zu einem Brand in einem Haus an der Lenzhardstrasse ausrückt, können die Einsatzkräfte nicht ahnen, was auf sie zukommt.
In diesem Haus entdecken die Feuerwehrleute vier verkohlte Leichen.
Wenig später nehmen Ermittler und Spurensicherung ihre Arbeit auf.
Zwei Tage nach den Morden teilt die Polizei mit: Bei den Opfern handelt es sich um Carla Schauer (†48), ihre beiden Söhne Davin (†13) und Dion (†19) ...
... sowie um die Freundin des älteres Sohnes, Simona (†21).
Rupperswil steht unter Schock. Vom Täter fehlt jede Spur.
Die Menschen im Dorf nehmen Anteil am Schicksal der Opfer: Zeichen der Anteilnahme vor dem Haus, in dem die Taten geschahen.
Viele Kerzen beim Haus der Opfer sind für diese angezündet.
8. Januar 2016: In Rupperswil findet ein Gedenk-Gottesdienst für die Opfer statt.
Rund 500 Personen wohnen dem Trauer-Gottesdienst bei. Wegen des grossen Andrangs müssen rund 200 Gäste den Gottesdienst vom Saal des Kirchgemeindehauses aus verfolgen.
18. Februar 2016: Staatsanwaltschaft und Polizei informieren erstmals ausführlich über die Geschehnisse in Rupperswil an einer Pressekonferenz. Im Bild Staatsanwältin Barbara Loppacher und Kripo-Chef Markus Gisin.
An dieser Pressekonferenz setzen die Behörden eine Belohnung von bis zu 100'000 Franken für Hinweise auf die Täterschaft aus.
Mit Flugblättern (in 7 Sprachen) sucht die Polizei nach Zeugen und Hinweisen.
Auf dem Flugblatt ist auch dieses Bild von Carla Schauer (†48) zu sehen, aufgenommen von einer Überwachungskamera: Sie hebt am Tattag um 9.51 Uhr Geld an einem Bankschalter in Wildegg ab. Es sind 9850 Franken.
Später veröffentlicht die Polizei auch dieses Bild: Carla Schauer hebt um 10.10 Uhr an einem Geldautomaten in Rupperswil 1000 Euro ab.
April 2016: Die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY – ungelöst" macht Filmaufnahmen zum Mordfall von Rupperswil. Der Beitrag soll bald ausgestrahlt werden – doch dazu kommt es nicht mehr.
13. Mai 2016: Fast fünf Monate nach dem Tötungsdelikt laden Polizei und Staatsanwaltschaft kurzfristig zu einer zweiten grossen Pressekonferenz ein.
Oberstaatsanwalt Philipp Umbricht enthüllt: "Der Täter ist gefasst. Es handelt sich um einen 33-jährigen Schweizer aus Rupperswil, der nicht vorbestraft ist."
Der Starbucks in Aarau: Hier nahm die Polizei Thomas N. fest.
Das ist er: Thomas N., neben dem Haus der Familie Schauer in Rupperswil. (Fotomontage)
Thomas N. war jahrelang Fussball-Trainer und betreute C-Junioren. Die Junioren, ihre Familien und die Vereinsmitglieder sind geschockt.
Dieses Bild zeigt Thomas N. als Betreuer an einem Fussballspiel im April 2016, rund vier Monate nach der Tat.
Dieses Bild zeigt Thomas N. als Betreuer an einem Fussballspiel im April 2016, rund vier Monate nach der Tat.
Dieses Bild zeigt Thomas N. als Betreuer an einem Fussballspiel im April 2016, rund vier Monate nach der Tat.
In diesem Haus in Rupperswil – nur wenige Meter vom Haus der Familie Schauer entfernt – wohnte Thomas N. zusammen mit seiner Mutter.
Bei Thomas N. zu Hause fand die Polizei diesen Rucksack samt Utensilien. Sie liessen befürchten, dass er eine nächste Tat bereits geplant hatte.
7. September 2017: Staatsanwältin Barbara Loppacher von der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau erhebt Anklage.
Wenige Tage nach der Ergreifung des Täters wird bekannt: Die Rechtsanwältin Renate Senn wird Thomas N. als amtliche Verteidigerin vor Gericht vertreten.
Thomas N. sitzt im Gefängnis Pöschwies in Regensdorf in Haft.
Der Prozess vor dem Bezirksgericht Lenzburg fand aus Platzgründen im Polizeigebäude in Schafisheim statt. 65 Medienschaffende und 35 Zuschauer verfolgten ihn.
Am 13. März 2018 begann der Prozess gegen den nun 34-jährigen Thomas N. vor dem Bezirksgericht Lenzburg.
Das Bezirksgericht Lenzburg: René Müller (SVP), Margrit Kaufmann (CVP), Gerichtsschreiber Lukas Fischer, Präsident Daniel Aeschbach (SVP), Marianne Bitterli (SVP) und Luca Cirigliano (SP).
Blick in den Gerichtssaal mit dem Angeklagten (rechts aussen).
Thomas N. (Mitte) neben seiner Verteidigierin Renate Senn, die 18 Jahre Freiheitsstrafe und eine ambulante vollzugsbegleitende Therapie forderte.
Brief-Ausschnitt: Thomas N. schrieb den Angehörigen einen Brief – aber ohne das Wort "Entschuldigung" zu verwenden. Während des Prozesses wurde dies bekannt.
Thomas N. vor Gericht. Er mied den Blick zu den Zuschauern. An den Prozess vor Obergericht wird er nicht erscheinen.
Staatsanwältin Barbara Loppacher (links) forderte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe und eine lebenslängliche Verwahrung.
Thomas N. vor Gericht. Als Junge dachte er, er sei homosexuell. Später wurde ihm klar, dass er pädophil ist.
Der vierfache Mörder von Rupperswil AG (Bildmitte) soll verwahrt werden. Das Bezirksgericht Lenzburg verhängte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe und ordnete eine ordentliche Verwahrung an.
Das Urteil: Schuldig in allen Anklagepunkten, lebenslängliche Freiheitsstrafe, ordentliche Verwahrung, stationäre vollzugsbegleitende therapeutische Massnahme.
Gegen das Urteil erhob Thomas N. Berufung. Er wehrte sich gegen die ordentliche Verwahrung. Daraufhin erklärte auch die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung: Sie fordert erneut eine lebenslange Verwahrung für den Vierfachmörder.
Am 13. Dezember kam es zum Prozess vor dem Aargauer Obergericht. Dieses entschied, dass der Vierfachmörder von Rupperswil ordentlich verwahrt wird, aber keine ambulante Massnahme (Therapie) erhält.
Thomas N. wohnte der Berufungsverhandlung nicht bei. Sein Gesuch, in dem er darum bat, von den Gerichtsverhandlungen dispensiert zu werden, wurde gutgeheissen.
Staatsanwältin Barbara Loppacher ist zufrieden mit dem Urteil des Obergerichts.
Februar 2019: Thomas N. möchte in Psychotherapie und legt beim Bundesgericht Beschwerde ein.
Juni 2019: Das Bundesgericht lehnt die Beschwerde von Thomas N. zur Psychotherapie ab. Dadurch hätten Psychiater die Entwicklung des Schwerverbrechers ausführlich dokumentiert. Bei günstigem Verlauf hätte ihm der Aktenberg geholfen, seine allfällige Ungefährlichkeit schon früh nachzuweisen.

Vierfachmord Rupperswil – von der Tat bis zum Urteil: Am 21. Dezember 2015 wird Rupperswil zum Schauplatz eines der grausamsten Mordfälle in der Schweizer Kriminalgeschichte.

SEVERIN BIGLER

Der 21. Dezember des Jahres 2015 war wie der heutige ein Montag. Über dem Aargauer Dorf Rupperswil stieg Rauch auf. In einem Zweifamilienhaus brannte es. Die Feuerwehr stiess auf vier Leichname. In den Weihnachtstagen verbreitete sich die Nachricht, dass hier eine Familie ermordet worden war. Es war der Beginn einer der grössten Fahndungsaktionen der Schweiz. 146 Tage dauerte sie. Erst dann wurde der Vierfachmörder Thomas N. gefasst.

Mit dem Fall Rupperswil wurde eine neue Fahndungsmethode allgemein bekannt: der Antennensuchlauf. Die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei werteten die Daten von drei Mobilfunkantennen in der Nähe des Tatorts aus. Darin befanden sich die Handynummern von rund 30'000 Personen, deren Geräte sich in den Stunden um die Tat mit den Antennen verbunden hatten. Das können Anrufe, Mitteilungen oder Datenverbindungen von Apps sein, die im Hintergrund laufen. Die Zahl der erfassten Nummern ist so gross, weil die drei Antennen an der Bahnlinie und Autobahn liegen.

CH Media

Seither gilt der Antennensuchlauf als Erfolgsgeschichte. Namhafte Experten verbreiteten die Erzählung, dass der Täter mit dieser Methode ermittelt worden sei. Die Ermittler hatten kein Interesse daran, diese Legende zu dementieren, weil der angebliche Erfolg half, künftige Antennensuchläufe zu rechtfertigen und zu finanzieren. Denn die Methode ist sehr teuer. 816000 Franken stellte der Bund dem Kanton dafür zuerst in Rechnung, was zu einem Gerichtsstreit führte.

Die Wahrheit ist: Der Antennensuchlauf war in diesem Fall nutzlos. Die Ermittler fanden dadurch keine Hinweise, die zum Täter führten. Zwar befand sich seine Handynummer tatsächlich im Datenhaufen. Die berühmte Nadel im Heuhaufen erkannten die Ermittler aber erst, als sie den Mörder auf anderem Weg identifiziert hatten und seine Nummer mit den Antennendaten abglichen. So hatten sie zwar ein weiteres Indiz, welches sie im Prozess dann aber nicht verwendeten.

Die Chronologie des Grauens

21. Dezember 2015: Thomas N. klingelt in Rupperswil bei einer Familie, die 500 Meter entfernt von ihm wohnt. Mutter Carla Schauer öffnet die Türe. Er gibt sich als Schulpsychologe aus, der sich für den jüngsten Sohn Davin interessiert. Er unterhält sich mit ihm, während sich die Mutter oben im Bad frisiert. Plötzlich hält er Davin ein Messer an die Kehle. So zwingt er die Mutter, ihren älteren Sohn Dion und dessen Freundin Simona zu fesseln. Dann befiehlt er der Mutter, bei der Bank Geld zu holen. Als sie mit 11000 Franken zurückkommt, fesselt er sie. Er zwingt Davin zu sexuellen Handlungen. Am Schluss tötet er alle mit einem Schnitt durch die Kehle und zündet das Haus an. Er spaziert nach Hause und nimmt eine Dusche.

12. Mai 2016: Die Polizei nimmt Thomas N. im Starbucks von Aarau fest. Am Tag danach gibt sie das Unglaubliche bekannt: Der Täter ist ein 33-jähriger Student aus der Nachbarschaft. Er hat bereits weitere Taten geplant.

16. März 2018: Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilt N. zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und ordnet eine Verwahrung sowie eine ambulante Therapie an. Den Antrag für eine lebenslange Verwahrung lehnt das Gericht ab.

13. Dezember 2018: Das Aargauer Obergericht bestätigt das Urteil, hebt aber die ambulante Therapie auf.

21. Mai 2019: Das Bundesgericht weist eine Beschwerde von Thomas N. ab. Er hat damit einzig eine Therapie verlangt.

12. Mai 2031: An diesem Datum endet die Frist von 15 Jahren, nach der bei einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe eine Entlassung möglich ist. Auf diesen Zeitpunkt hin wird beurteilt, ob N. noch eine Gefahr darstellt. (mau)

Das Staatsgeheimnis: Warum man es noch immer nicht genau weiss

Die Recherchen dieser Zeitung stützen sich auf Quellen in der Polizei und in der Staatsanwaltschaft. Einige Polizisten sind gesprächig, weil sie sich über die Legende ­aufregen. Sie suggeriert, Computerprogramme hätten den Fall gelöst bezie­hungs­weise die Datenspezialisten in den Büros. Dabei waren es die mehr als hundert Männer und Frauen auf den Strassen von Rupperswil, die klassische Polizeiarbeit leisteten. Sie nahmen etwa den Inhalt jedes Abfallkübels im Umkreis von Kilometern unter die Lupe und klingelten an jeder Haustüre in der Umgebung, um den Bewohnern einen Fahndungsaufruf zu zeigen. Dabei gingen zwar keine direkten Hinweise ein, aber die Profiler konnten indirekte Hinweise sammeln. Sie beobachteten, wie die Leute reagierten. Sie klingelten auch bei Thomas N. Ob er sich dabei verdächtig gemacht hat, ist nicht bekannt. Polizisten sagen, die Methode habe die Ermittlungen im Gegensatz zum Antennensuchlauf zumindest vorangebracht.

Die Flugblattaktion: Die Polizei setzte eine Belohnung aus.

Die Flugblattaktion: Die Polizei setzte eine Belohnung aus.

Keystone (Schafisheim, 18.02.2016

Was dann am Schluss der entscheidende Ansatz war, ist ein Staatsgeheimnis und bleibt es vorerst auch. Die Strafverfolger wollen damit verhindern, dass ihre Aktionen in künftigen Fällen den Überraschungseffekt verlieren. Zum Beispiel nach einem Mord in Aarau im Januar 2019 wurde dieselbe Methode nochmals angewendet, wie es hinter vorgehaltener Hand heisst.

Von offizieller Stelle ist deshalb keine Bestätigung für die Widerlegung des Mythos zu erhalten. Konfrontiert damit geben die beiden führenden Ermittler des Falls aber vielsagende Statements ab. Markus Gisin, Chef der Aargauer Kriminalpolizei, sagt: «Es war nicht die eine Methode, die uns zum Täter geführt hat. Es war ein Mix aus verschiedenen Abklärungen.» Und Staatsanwältin Barbara Loppacher ergänzt: «Der Antennensuchlauf allein reicht in der Regel nicht zur Aufklärung von schweren Straftaten.»

Markus Gisin sprach letzte Woche in der Sendung TalkTäglich auf Tele M1 erstmals ausführlich über den Vierfachmord von Rupperswil:

Die Methode: Wann sie erfolgreich ist und wann nicht

Der Antennensuchlauf ist die ideale Methode zur Fahndung nach Tätern, die an mehreren Orten oder zu unterschiedlichen Zeiten zugeschlagen haben. Dabei werden ihre Handydaten von unterschiedlichen Antennensuchläufen erfasst. Die Schnittmenge der beiden Zahlenreihen ist dabei so klein, dass sie nur aus den Daten der Täterschaft besteht. So wurde eine Serie von Überfällen auf Geldtransporter im Waadtland aufgeklärt. Die Täter haben an den Tatorten stets die gleiche Datenspur hinterlassen.

Im Fall Rupperswil gab es aber nur einen Tatort und nur eine Tatzeit. Aus dem Antennensuchlauf liess sich zwar der Pendlerverkehr herausfiltern. Dabei blieben aber immer noch Hunderte Nummern, quasi das Telefonbuch aller Rupperswiler, die am 21. Dezember ihr Handy eingeschaltet hatten. Diese Zahlen wären erst hilfreich gewesen, wenn sie mit anderen hätten abgeglichen und der Datenberg damit auf eine kleine Schnittmenge hätte reduziert werden können. Im Fall Rupperswil gab es dafür keine Anhaltspunkte.

Der Täter: Thomas N. vor Gericht.

Der Täter: Thomas N. vor Gericht.

Keystone (Schafisheim, 16.3.2018

Thomas N. hatte am Tatort zwar seine Fingerabdrücke und seine DNA hinterlassen, doch diese führten in den Datenbanken zu keinen Treffern. Er war vor der Tat das sprichwörtlich unbeschriebene Blatt.

Dass die Staatsanwaltschaft den teuren Auftrag trotzdem erteilt hat, macht Sinn, da dieser nur innerhalb eines halben Jahres nach der Tat bewilligt wird. Die Ermittler sichern sich die Daten, damit sie nicht an einer Frist scheitern. Zudem benötigt die Aufbereitung viel Zeit, da die Mobilfunkanbieter die Nummern in unterschiedlichen Formaten liefern.

Doch wie ist es überhaupt zur Legendenbildung gekommen? Den Anstoss gaben die führenden Ermittler selber, indem sie stets die Vorzüge des Antennensuchlaufs betonten und verschwiegen, dass er vor allem einen Datensalat lieferte, der ohne die passende Zutat wertlos ist. Dann erschienen die ersten Medienberichte, welche suggerierten, der Antennensuchlauf sei erfolgreich gewesen.

Die Wissenschaft: Warum sie das Märchen glauben wollte

Der St. Galler Strafrechtsprofessor Marc Forster nahm die These auf und verbreitete sie in einem Fachbeitrag als Tatsache. Er ist der Experte auf diesem Gebiet. Denn er arbeitet auch als Gerichtsschreiber am Bundesgericht, wo er das Referenzurteil zu Antennensuchläufen formuliert hat. Gleichzeitig ist er ein Fan der Methode. Im Fall Rupperswil sah er die Gelegenheit gekommen, den schon immer erhofften Erfolg endlich bestätigen zu können. So kam es, dass er einen Beitrag verfasste, der wissenschaftlichen Standards nicht standhielt. An den entscheidenden Stellen hat er keine Quellenangaben.

Erstaunlich ist, dass Forster trotzdem namhafte Herausgeber für seine Publikation fand, nämlich die Strafrechtsprofessoren Daniel Jositsch und Christian Schwarzenegger. Die These galt damit als wissenschaftlich erhärtet und wurde danach vom verstorbenen St. Galler Staatsanwalt Thomas Hansjakob in seinem Standardwerk über das Überwachungsrecht übernommen und sogar noch zugespitzt. Das Werk steht im Büro jedes Staatsanwalts, weil es ein praktisches Handbuch mit Musterverfügungen ist.

In juristischen Bibliotheken von Schweizer Universitäten ist der Wälzer zudem im Regal mit der Basisliteratur platziert. Die Falschmeldung hat sich damit im Zentrum der Wissenschaft etabliert, was die Verbreitung in den Medien am Laufen hielt.

Der Fall Rupperswil wurde so zur «Mutter aller digitalen Ermittlungen». Die Legende wurde geglaubt, weil man sie glauben wollte. Dass es sich um eine Fehlgeburt handelte, wurde höflich verschwiegen.

Dabei gab es schon früh Hinweise, dass der Antennensuchlauf nicht zum Durchbruch führte. Zweifel musste haben, wer wusste, wie die Schnittmengenbildung bei dieser Methode funktioniert. Zudem verteilte der Kanton die nicht abgeholte Prämie von 100'000 Franken für Hinweise an die Ermittler und wendete sie nicht etwa zur Deckung der Kosten des Antennensuchlaufs auf. Die hohe Rechnung dafür hätte ihn auch nicht dermassen geärgert, wenn er damit eines der brutalsten Verbrechen aufgeklärt hätte.