Überwachungsgesetz
Daten sollen nur sechs statt zwölf Monate gespeichert werden

Weil der Ständerat das Referendum fürchtet, sollen Kommunikationsdaten der Bürgerinnen und Bürger nur sechs Monate auf Vorrat gespeichert werden. Im Gesetzesentwurf waren zwölf Monate vorgesehen gewesen.

Drucken
Das Parlament verfolgt der Devise: So viel Überwachung wie nötig, so wenig wie möglich.

Das Parlament verfolgt der Devise: So viel Überwachung wie nötig, so wenig wie möglich.

Keystone

In den parlamentarischen Beratungen über das Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) zeichnet sich vor Beginn der Wintersession eine spektakuläre Kehrtwende ab, wie die „Schweiz am Sonntag“ berichtet. Statt wie im Gesetzesentwurf vorgesehen neu zwölf Monate sollen Kommunikationsdaten der Bürgerinnen und Bürger jetzt doch nur wie bisher sechs Monate gespeichert werden müssen. Diesen Antrag stellt die Rechtskommission des Ständerats mit Zustimmung der nationalrätlichen Rechtskommission, wie Recherchen der Zeitung zeigen.

Die vorberatenden Gremien der beiden Parlamentskammern heben damit einen der umstrittensten Punkte des Büpf wieder auf: die Ausweitung der sogenannten Vorratsdatenspeicherung.

Bisher haben sowohl Strafverfolgungsbehörden wie Sicherheitspolitiker die auf zwölf Monate verlängerte Datenspeicherung als unabdingbares Instrument für die Verbrechensbekämpfung bezeichnet. Umso erstaunlicher ist die plötzliche Kehrtwende, die der Bündner CVP-Ständerat Stefan Engeler als Mitglied der ständerätlichen Rechtskommission auf Anfrage der «Schweiz am Sonntag» bestätigt: «Wir sind in Übereinstimmung mit der Schwesterkommission des Nationalrats zum Schluss gekommen, dass die sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung für die Strafjustiz ausreicht».

Die Beibehaltung der bisher geltenden Speicherdauer von sechs Monaten entspricht laut Engeler auch einer Empfehlung der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD), die in einer Neubeurteilung der Gesetzesvorlage ebenfalls keinen ausreichenden Bedarf für eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung festgestellt habe.

«Die Politik folgt bei der Festlegung der staatlichen Überwachungsmöglichkeiten der Leitlinie: So viel wie nötig, so wenig wie möglich», sagt Engeler, der den überraschenden Änderungsantrag übernächste Woche bei den Büpf-Beratungen als Sprecher der Rechtskommission im Ständerat vertreten wird: «Ich gehe davon aus, dass der Antrag eine Mehrheit findet».

Offen dagegen ist, wie der Nationalrat dann bei der anschliessenden Differenzbereinigung in dieser Frage entscheiden wird. «Das Abstimmungsverhalten der SVP wird das Geschäft entscheiden», sagt der abtretende Zürcher Nationalrat Daniel Vischer (Grüne). In den bisherigen Büpf-Beratungen hat sich eine starke SVP-Minderheit jeweils gegen den Ausbau der staatlichen Überwachung ausgesprochen. Dieser Umstand hat zum überraschenden Sinneswandel in Sachen Vorratsdatenspeicherung beigetragen, wie CVP-Ständerat Engeler einräumt. «Politischer Pragmatismus» spiele dabei mit, sagt er der „Schweiz am Sonntag“: «Das Gesetz soll im Hinblick auf die Referendumsdrohungen mehrheitsfähig sein.»

Kommt die Beibehaltung der sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung im Parlament durch, rechnet Grünen-Nationalrat Daniel Vischer mit der Beerdigung der Referendumspläne. «Dann ist das Büpf-Referendum gestorben», sagt Vischer.