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Ananas-König Johann Dähler ist 70-jährig am 8. September im Inselspital in Bern nach einem bewegten Leben, das ihn schon früh in die Welt hinausführte, verstorben. Sein letzter Wohnort mit seiner Ehefrau Jolanda in der Schweiz war Steckborn.
Die Nachricht von Johann Dählers Tod erschütterte. Denn: Ungewöhnlich an seinem Leben ist alles. Seine wichtigsten Lebensschauplätze waren die Elfenbeinküste – mit grossen Ananasplantagen und rund 1500 Angestellten – und später Costa Rica in Zentralamerika.
Dähler galt als grosser Improvisator. Sein Lebenswerk wuchs, stürzte ab und blühte wieder auf. Ein ständiges Kräftemessen begleitete ihn auf seinem Weg. Seine Anstrengungen waren oft verknüpft mit Konfrontationen und Problemen. Wirtschaftlichen Erfolg verband er mit Naturschutz und er durchschaute die Zusammenhänge einer immer komplizierter werdenden Welt. Der Ananas-König trat im Leben immer wieder an, um seinen Erfolg zu stabilisieren. Irgendwie war der Thurgau zu klein für ihn. Aufgewachsen ist der Appenzeller Bauernsohn im Eggishof in Fruthwilen als Zweitältester von zehn Kindern.
Die Lebensfreude und der Wille, sich nicht unterkriegen zu lassen, zeichneten ihn schon als Kind aus, wie sich Johann Dählers Schulkamerad Josef «Sepp» Graber vom Schloss Hub in Fruthwilen und sein ehemaliger Lehrer Peter Graf aus Salenstein lebhaft erinnern. «Ab der ersten Klasse waren wir zusammen. Er hatte immer super Ideen, war aufgestellt, aber an der Schule war er nicht so interessiert. Er konnte schon in der ersten Klasse Autofahren und Töffli flicken. Im Wald haben wir Hütten gebaut», sagt Sepp Graber voller Bewunderung in der Stimme. Mit Blick auf die Erfolgskurven im Leben von Johann Dähler blendet Graber zurück auf die Lehrerin Elise Diezi, die einst Johann und Sepp heimgeschickt hat mit dem Satz: «Ihr zwä werdet nünt». Sie sollte sich täuschen.
In der Fruthwiler Schule fand man nicht mehr so richtig «den Rank» mit Johann. Der Salensteiner Lehrer Peter Graf erinnert sich: «Der Vater von Johann – er hiess auch Johann, ein richtiger Appenzeller – kam zu mir in die Schule und fragte, ob Johann nicht nach Salenstein in die Schule dürfe, in Fruthwilen gehe es nicht mehr.» Bei Lehrer Graf war der Johann dann ein richtiger Sonnyboy. Es habe sich schon damals gesagt: «Dene zeig ichs».
Johann Dählers Talente waren, eine Führungsrolle einzunehmen und Freundschaften zu pflegen. Er absolvierte eine Landwirtschaftsschule in Sissach. Im Militär wurde er Unteroffizier. 1977 zog es ihn an die Elfenbeinküste, wo Johann zuerst in einer Fabrik arbeitete und dann nach und nach sein Imperium aufbaute.
Neben Ananassen, die Dähler in die ganze Welt exportierte, pflanzte er auch Hevea-Bäume und Kakao an. Doch der Ananas-Markt brach zusammen. 1500 Leute verloren ihre Arbeit. Der Verlust lag bei rund sechs Millionen Franken, es folgte der Konkurs. Doch Johann Dähler gab nicht auf, er gründete ein Importgeschäft, wurde zum Früchtehändler, erhoffte sich Notkredite. Hals über Kopf musste er die Elfenbeinküste verlassen, um dem Bürgerkrieg zu entkommen.
Im Dezember 2001 drohte er, dass er nichts mehr esse und trinke, bis er seine Arbeiter bezahlen könne. Nach 25 Jahren hatte er sein ganzes Hab und Gut verloben, doch er strebte bald nach neuen Zielen. 2003 wagte er zusammen mit seinen Söhnen einen Neustart in Costa Rica. Name der Hacienda: «Roswitha». Dieser Name ist auf die Ehefrau Roswitha von Bundesrat Hans-Rudolf Merz zurückzuführen. Johann Dähler verband eine Freundschaft mit dem Ehepaar.
Liebenswürdigkeit, Charme, Schwung: Mit diesen Eigenschaften wird Johann Dähler, der Entwicklungshelfer mit Unternehmergeist, beschrieben. Seit 2012 lebte Dähler vorwiegend wieder an der Elfenbeinküste und führte zusammen mit seinen drei Söhnen und seiner Frau Jolanda eine der wichtigsten Ananas-Plantagen Costa Ricas. Sohn Stephane Dähler leitet das Reisegeschäft in Costa Rica.
In seiner Karriere beschränkte Johann Dähler seine Rolle nicht bloss darauf, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sondern lebte in seiner Position als Chef auch Werte christlichen Verantwortungsbewusstseins. Schicksalsschläge verkraftete er mit Zuversicht, auch als die Gesundheit kriselte. Seine Frau Jolanda spendete ihm eine Niere.
Wieder bei Kräften peilte er in Afrika die nächste Geschäftsidee mit Gummibäumen an. «Wir machen Gummi. Kautschuk.» Geschäftsverbindungen im Tessin und weitere liessen hoffen. Schicksalsschläge galt es zu verkraften. Der Familien-Clan läuft wieder auf Kurs. Johann Dähler, gleichzeitig engagierter Familienmensch und Unternehmer, lebte mit seiner Frau Jolanda zuletzt in Steckborn, hatte jedoch bereits wieder Costa Rica geplant. Daraus wurde nichts mehr.
Dähler vertrat stets gute Werte: «Johann war kein Ministrant. Pfarrer Julius Alpiger in Ermatingen hatte Johann keine gute Zukunft vorausgesagt, wenn man quasi auf dem Miststock aufgewachsen sei», blendet sein Lehrer Peter Graf auf Kränkungen zurück, die Johann als Kind einstecken musste.
Aber Johann Dähler war ein Mann, der seinen Lebenskurs immer wieder neu ausrichtete. In Afrika hat er sogar eine Kirche gebaut und den Turm der Ermatinger Kirche St. Albin kopiert.
Die Gedenkfeier von Johann Dähler findet am Dienstag, 19. September, um 14 Uhr in der Wallfahrtskapelle Klingenzell oberhalb Mammern statt. Die Urnenbeisetzung erfolgt auf Wunsch des Verstorbenen am 23. September um 11 Uhr in der Kirche St. Albin in Tiassalé (Elfenbeinküste).