Auf den nächsten Jahreswechsel hin übernimmt die Stadt Frauenfeld die Stadtkaserne im Baurecht. Jetzt startet sie eine Bewerbungsrunde für mögliche Nutzerinnen und Nutzer. Die Belebung hängt aber auch von einer Volksabstimmung Mitte Juni ab.
Am 18. Juni werden die Stimmberechtigten an die Urne gerufen. Gemeint als Adressat ist aber das Thurgauer Stimmvolk, das über die Verteilung der Thurgauer-Kantonalbank-Millionen entscheidet. Das Datum gemein hat diese Abstimmung mit der städtischen über den Casino-Verkauf. Das Casino allerdings war am Dienstagmorgen nur Austragungsort einer Medienorientierung, in welcher der Stadtrat auf die Stadtkaserne fokussierte.
Spätestens seit der öffentlichen Beurkundung des 100 Jahre dauernden Baurechtsvertrag zwischen Armasuisse und der Stadt hat die Entmilitarisierung der Stadtkaserne ein Ablaufdatum, oder präziser ein Datum für die Übernahme: 3. Januar 2024. Das rund 14’000 Quadratmeter grosse Areal im Zentrum der Stadt geht also von der bisher militärischen in die öffentlich-zivile Nutzung über. Stadtpräsident Anders Stokholm spricht von einer einzigartigen Chance und meint:
«Ein bisher verschlossener Ort wird zum öffentlichen Ort. Wir alle werden Stadtkaserne.»
Jetzt wolle die Stadt einen ersten Grundstein für einen neuen Stadtteil Frauenfelds setzen, denn die Belebung des Schlüsselgebiets passiere schrittweise und brauche Zeit. «Wir freuen uns, aber es ist auch eine Herausforderung», betont Stokholm im Beisein von Stadtrat Andreas Elliker und Robert Scherzinger als Leiter Hochbau und Stadtplanung.
Ab sofort ruft die Stadt Interessierte auf, um sich für die Zwischennutzung zu bewerben. Gesucht sind einerseits Pionierinnen und Pioniere, die eine Idee für die Nutzung der Stadtkaserne haben. Andererseits sollen sich Interessenten für die Mitgliedschaft im Projektausschuss melden. Elliker spricht von einer grossen Möglichkeit, eine Fläche so gross wie die Vor- und Altstadt zusammen zu beleben, welche die Stadt allerdings nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung versteht. Elliker meint:
«Die Pläne sind nicht für die jetzige Generation, sondern für die nächste.»
Es benötige einen Nutzungsmix für bunte Vielfalt, die laut Stokholm nicht anderes erschlagen soll, bewusst ohne konkrete Ideen vorwegnehmen zu wollen. Das Verhältnis zwischen öffentlichem und privatem Nutzen sei offen, wie Scherzinger betont. «Wir wollen zum jetzigen Zeitpunkt nichts ausschliessen», sagt er.
Anfang Januar übernimmt die Stadt die Kaserne im Baurecht für die nächsten 100 Jahre. Für eine Belebung des Areals an bester Lage ist die Stadt nun auf der Suche nach Pionierinnen und Pionieren, die sich ab sofort und in einer ersten Runde bis 18. Juni mit einer Idee bewerben können. Im Herbst steht eine zweite Bewerbungsrunde an, jeweils gefolgt von Infos, welche Interessenten eine Runde weiterkommen. Weitere Bewerbungen bis 31. Mai nimmt die Stadt für Interessierte als Mitglied des Projektausschusses entgegen. (sko)
Alle Infos gibt’s unter: www.wirsindstadtkaserne.ch
Einfluss auf das Verhältnis zwischen öffentlichem und privatem Nutzen hat auch die Abstimmung vom 18. Juni, eben jene über die Verteilung der TKB-Millionen. Denn mit dem Markt Thurgau hat die Stadt Frauenfeld ein Grossprojekt eingegeben, das vom Kanton empfohlen ist. Darin sollen aber nicht mehr wie beantragt 40, sondern noch 20 Millionen Franken fliessen, womit das Projekt weniger Fläche wie zunächst gedacht in Anspruch nehmen würde.
Stokholm wirbt trotzdem für ein Ja an der Urne, das sich wesentlich auf die zukünftige Belebung der Stadtkaserne auswirken wird. Elliker setzt sich laut Stokholm an vorderster Front für den Markt Thurgau ein, nachdem er den Stein mit dem ehemaligen Stadtbaumeister Christof Helbling so richtig ins Rollen gebracht hat. Elliker sagt:
«Frauenfeld ist am besten erschlossen im Kanton, und der Markt Thurgau hätte einen hohen Nutzen für die Thurgauer Wirtschaft.»
Anders als viele meinten, sei die Stadtkaserne alles andere als abbruchreif, sondern besteche mit guter Qualität, obschon einige Bausubstanz unter Bundesschutz stünde. Die Stadt unterstreicht diese Qualität mit Bildern aus dem Innern der Stadtkaserne, nachdem der Bund eine Anfrage dieser Zeitung für einen Rundgang vor wenigen Monaten noch abschlägig beantwortete.
Ab sofort öffnet die Stadt bereits bildsprachlich die Tore, wie Stokholm ausführt und für die nächsten Jahre von der Transformation von der Raupe zum Schmetterling spricht. Er meint:
«Es gibt einen dynamischen Prozess für Jahre, ja gar Jahrzehnte.»
Mit an Bord für die Zwischennutzung ist auch die Basler Architektin Barbara Buser, eine Expertin für Arealumnutzungen. Für bauliche Sofortmassnahmen ist das von ihr mitgegründete Baubüro Insitu, für die Prozessbegleitung die Denkstatt sàrl, an der ebenfalls Buser beteiligt ist, auserkoren, wie es auf der Webseite «Wir sind Stadtkaserne» heisst.
Begleitet wird die Metamorphose auch vom Projektausschuss, wofür laut Scherzinger neun bis elf Mitglieder ausgewählt werden, die unter anderem bauliche, technische und betriebswirtschaftliche Fähigkeiten mitbringen müssen. Der Ausschuss berät, unterstützt und empfiehlt, final bleibt die Entscheidungskompetenz allerdings bei der Stadt.