Gerichtsfall
Unschuldig: St.Galler Kantonsgericht spricht «Mohrenkopf»-Verkäufer von Rorschach vom Vorwurf der Rassendiskriminierung frei

Als Schwarzer verkleidet, verkaufte Imbissunternehmer Markus Heim im Sommer 2020 in Rorschach «Mohrenköpfe». In erster Instanz wurde er vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen, wogegen die Staatsanwaltschaft rekurrierte. Nun hat das Kantonsgericht entschieden: Die Aktion sei unsensibel und gedankenlos, aber nicht rassendiskriminierend im Sinne des Gesetzes.

Daniel Walt
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Die Aktion des Anstosses: Markus Heim, als Schwarzer verkleidet, verkaufte in Rorschach Dubler-«Mohrenköpfe».

Die Aktion des Anstosses: Markus Heim, als Schwarzer verkleidet, verkaufte in Rorschach Dubler-«Mohrenköpfe».

Bild: PD

Ist es rassistisch, wenn man sich als Schwarzer verkleidet und in aller Öffentlichkeit «Mohrenköpfe» verkauft? Mit dieser Frage hatte sich das St.Galler Kantonsgericht zu beschäftigen. Zu verantworten hatte sich Imbissunternehmer Markus Heim. Er hatte im Sommer 2020, im Kontext der «Black lives matter»-Demonstrationen, in Rorschach einen Stand aufgestellt. Das Gesicht schwarz angemalt, eine schwarze Kraushaar-Perücke auf dem Kopf und in ein goldfarbenes Kleid gehüllt, verkaufte Heim «Mohrenköpfe» der Marke Dubler – ein Produkt jenes Unternehmens also, das sich bis heute standhaft weigert, seine Schokoküsse umzubenennen.

Das St.Galler Kantonsgericht hat nun entschieden: Markus Heim wird vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen, wie die St.Galler Staatskanzlei per Medienmitteilung informiert. Aufgrund der konkreten Umstände sei die Verkaufsaktion nicht rassendiskriminierend im Sinne des Gesetzes. Dem Beschuldigten könne zudem nicht nachgewiesen werden, dass er eine Herabsetzung dunkelhäutiger Menschen gewollt oder in Kauf genommen habe.

So begründet das Gericht seinen Entscheid

Wie es im Communiqué heisst, erfüllt ein Verhalten in der Öffentlichkeit gemäss bundesgerichtlicher Rechtssprechung den Tatbestand der Rassendiskriminierung dann, wenn es von einem unbefangenen, durchschnittlichen Dritten unter den gesamten konkreten Umständen in einem rassendiskriminierenden Sinne verstanden werde und der Täter eine Interpretation seines Verhaltens in diesem Sinne in Kauf genommen habe.

Gemäss der Staatsanwaltschaft wollte der Beschuldigte mit seiner Verkaufsaktion und der Verkleidung «das Produkt der Firma Dubler promoten», nachdem dieses einige Tage zuvor bei den grossen Detailhändlern aus dem Sortiment gestrichen worden war. Im Communiqué der Staatskanzlei heisst es:

«Nach der Überzeugung des Kantonsgerichts hat auch ein unbefangener, durchschnittlicher Dritter die Aktion in diesem Sinne und somit nicht rassendiskriminierend verstanden. Dieser Schluss drängt sich bereits deshalb auf, weil der Beschuldigte alle 350 Süssprodukte in nur zwei Stunden an zahlreiche Personen verkauft hat, unter anderem auch an dunkelhäutige Menschen.»

Hinzu komme, dass sich der Beschuldigte weder vor, noch während und auch nicht nach dem Verkauf in irgendeiner Weise abwertend über dunkelhäutige Menschen geäussert habe. Zudem könne dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden, dass er eine Herabsetzung dunkelhäutiger Menschen gewollt oder zumindest in Kauf genommen habe.

«Im Ergebnis war die Verkaufsaktion zwar unsensibel und gedankenlos. Sie war aber aufgrund der konkreten Umstände nicht rassendiskriminierend im Sinne des Gesetzes», befand das St.Galler Kantonsgericht. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.

Heim seinerzeit zum Strafbefehl: «Ein Witz!»

Imbissunternehmer Markus Heim.

Imbissunternehmer Markus Heim.

Bild: Daniel Walt

Nach der «Mohrenkopf»-Verkaufsaktion hatte Markus Heim von der St.Galler Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen Rassendiskriminierung erhalten. Darin hiess es unter anderem:

«Mit der vorgenannten Verkleidung in Kombination mit dem bereits intensiv in der Rassismusdebatte besprochenen Produkt musste Markus Heim jedoch damit rechnen, beim Erscheinen in der Öffentlichkeit mit seiner derart gestalteten Verkleidung und dem Verkauf dieser Süssigkeiten dunkelhäutige Menschen zu diskriminieren und zu beleidigen.»

Heim seinerseits bezeichnete den Strafbefehl als «Witz» und wehrte sich dagegen, womit es zu einer Verhandlung vor dem Rorschacher Kreisgericht kam. Dieses befand, es sei nicht an ihm zu beurteilen, ob die Aktion des Unternehmers geschmacklos gewesen sei oder nicht. Für einen Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm sei sie zu wenig gravierend.

«... dann sind sie wahrscheinlich rassistischer als ich»

Zur Verhandlung vor dem St.Galler Kantonsgericht kam es, weil die Staatsanwaltschaft das Urteil des Kreisgerichts nicht akzeptierte. Sie führte aus, man erhoffe sich «im Hinblick auf allfällige künftige vergleichbare Fälle einen Grundsatzentscheid – zumindest auf Stufe Kantonsgericht». Es gehe um die umstrittene Frage, «wie eine unbefangene Drittperson die vom Angeklagten gestaltete Szenerie» im Kontext der durch die Black-live-matters-Proteste ausgelösten Rassismusdebatte «interpretieren musste».

Bei der Verhandlung vor dem St.Galler Kantonsgericht beteuerte Markus Heim mehrfach, dass keine rassistischen Absichten hinter seiner Aktion gestanden hätten. Seine 350 «Mohrenköpfe» seien im Nu verkauft gewesen. «Hätten es die Leute für rassistisch gehalten, hätte ich wohl kaum so viele verkauft.» Diejenigen, die in dieser Aktion etwas Rassistisches sähen, seien wahrscheinlich rassistischer als er.