Dass sich die invasiven Dreistachligen Stichlinge negativ auf den Felchenbestand im Bodensee auswirken, ist schon länger bekannt. Die Stichlinge sind eine grössere Gefahr als bisher vermutet. Eine Studie stuft die Art nun als Raubfisch ein.
Der Felchenbestand im Bodensee nimmt seit Jahren stark ab. Gründe dafür sind mangelnde Nährstoffe, die Quagga-Muschel, die Überpopulation der Kormorane sowie die Stichlinge. Letztere machen mittlerweile rund 90 Prozent der Biomasse im Bodensee aus. Dem Berufsfischerverband sowie den Mitgliedern der Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) ist das Problem schon länger bekannt. Nun zeigt eine in der Fachzeitschrift «NeoBiota» erschienene Studie der Fischereiforschungsstelle Langenargen, dass der Stichling weit gefährlicher für den Felchenbestand ist als gedacht, wie die dpa am Dienstag meldete.
Die Untersuchungen haben ergeben, dass sich der dreistachlige Stichling im Winter und im Frühjahr zu grossen Teilen von den Eiern und Larven der Felchen ernährt. Somit sei er als Raubfisch, also auf der selben Stufe wie Hechte und Welse, einzuordnen, sagen die Wissenschafter. Sie sprechen von einem «Bodensee-Wolf im Schafspelz».
Die IBKF prüft zurzeit ein sogenanntes Stichlingsmanagement, bei dem die bis zu zehn Zentimeter langen Fische mit gespannten Netzen zwischen zwei Booten im Freiwasser abgefischt werden. Mittlerweile können Wissenschafter gut voraussagen, wann und in welcher Tiefe Stichlingsschwärme unterwegs sind.
Roman Kistler, Leiter der Jagd- und Fischereiverwaltung des Kantons Thurgau, empfindet die Situation als herausfordernd. «Wenn wir mit engmaschigen Zugnetzen im Hochseebereich gegen die Stichlinge vorgehen, müssen wir uns sicher sein, dass nicht auch andere Fische davon betroffen sind», sagt er. Ab nächstem Jahr werden voraussichtlich Pilotversuche durchgeführt. Wie es aber genau weitergeht, stehe noch in den Sternen, sagt Kistler.
Für die Studie haben die Forschenden Mägen sowie Stickstoff- und Kohlenstoffisotope der Stichlinge untersucht. Die Rückstände dieser Stoffe im Muskel- und Lebergewebe bestätigen, dass die Nahrung der kleinen Raubfische besonders während der Laichzeit der Felchen und nach dem Schlüpfen der Larven aus anderen Fischen besteht. In diesem Zeitraum stünden den Stichlingen kaum andere Larven als Futter zur Verfügung.
«Der Plan, in Zukunft insbesondere grössere Felchen zu besetzen und damit Fische, die dann mit 35 bis 40 Millimetern Länge nicht mehr in das Maul des Stichlings passen, ist aus heutiger Sicht nur zu unterstützen und eine der wenigen schnell wirkenden Massnahmen, die zum Aufbau der Bestände ergriffen werden können», erklärt Jan Baer, einer der Hauptautoren der Studie.