Kreuzlinger Kantischüler lernen schummeln

Die Sonderwoche bietet verschiedene Schwerpunkte. Schönheit und Mythologie sind zwei der Themen, in welche sich die Schülerinnen und Schüler vertiefen.

Janine Bollhalder
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In der Sonderwoche der Kantonsschule Kreuzlingen werden die Themen Schönheit und Mythologie bearbeitet. (Bild: Donato Caspari)

In der Sonderwoche der Kantonsschule Kreuzlingen werden die Themen Schönheit und Mythologie bearbeitet. (Bild: Donato Caspari)

Freitagvormittag an der Kantonsschule Kreuzlingen. Der Beobachter im Zimmer A12 wird Zeuge eines Mordes. Eines tragischen Mordes: Ein Vater bringt seine Tochter um.

Die Schülerinnen und Schüler spielen ein Stück aus der Zeit des antiken Griechenland. Es geht um die verbotene Liebe zwischen zwei Mädchen. Doch an der Entschlossenheit des Ganges zum Mord fehlt es der Schülerin noch. Sie lacht verlegen, ihre Kollegin zeigt ihr, wie sie die Rolle spielen würde. Die Aufstellung ordnet sich neu an. Nächster Versuch. Nun klappt es: «Was für ein wunderbar bösartiger Ton», lobt Nadja Strada, die Lehrperson für Mythologie-Lektionen.

Zwischen Theater und falscher Realität

Acht Stücke haben die Schülerinnen und Schüler je zu zweit verfasst. Diese präsentieren sie sich an jenem Freitagnachmittag. Die Sonderwoche macht den Kantonsschülern Spass. Sie lachen, es herrscht eine lockere Atmosphäre – trotz Mord- und Totschlag.

Die lesbische Tochter wird getötet, das Monster ist bereits tot. (Bild: Donato Caspari)

Die lesbische Tochter wird getötet, das Monster ist bereits tot. (Bild: Donato Caspari)

Weniger blutig ist der Unterricht bei Geraldine Lamanna. Die Schüler in ihrem Zimmer sitzen alle schweigend am Computer. «Die Jugendlichen sind oft auf der Plattform Instagram aktiv. Hier wimmelt es von Bildern, auf denen scheinbar perfekte Personen zu sehen sind», sagt Lamanna. Auch Zeitschriften verschleiern die Wahrheit gekonnt mit Fotobearbeitung.

«Wir lernen zu erkennen, was real ist und was eben nicht.»

Es gehe in den zur Thematik dazugehörigen Modulen auch um Schönheitsideale in der Kunst und der Gesellschaft. Die Schüler haben im ersten Schritt ein Modelbild bearbeitet. Alle das Gleiche. Sie sollten es nach ihren Ansichten von Schönheit verändern: grössere Lippen, kantigere Gesichtszüge, rundere Augen. «Erstaunlicherweise haben alle Schüler schlussendlich aber das von jemand anderem bearbeitete Bild ihrem eigenen vorgezogen», sagt Lamanna.

Dann haben die Schüler gelernt, wie sie möglichst vorteilhaft für ein Bild posieren. Diese Aufnahme bearbeiten sie nun. Hochkonzentriert wird jeder Pickel vertuscht, die Bartstoppeln am falschen Ort verschwinden, der Schatten des Kinns angepasst. «Die Aufgabe ist, eine Version des Bildes möglichst natürlich zu halten – trotz Bearbeitung. Bei der Zweiten kann völlig übertrieben werden.»

Schön, schöner, perfekt: Wie individuell Schönheit definiert wird, zeigt das Experiment in den Lektionen von Geraldine Lamanna. (Bild: Donato Caspari)

Schön, schöner, perfekt: Wie individuell Schönheit definiert wird, zeigt das Experiment in den Lektionen von Geraldine Lamanna. (Bild: Donato Caspari)

Die Schüler schätzten diesen Blick hinter die perfekte Schönheitskulisse. «So sehen wir, was verändert werden kann», sagt eine der Schülerinnen. Sie selbst bearbeite ihre Aufnahmen für Instagram nicht. «Ich verwende nur Filter», sagt sie. Ihre Kollegin nickt zustimmend. Sie handle genauso.