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Ostschweiz
Arbon, Kreuzlingen, Weinfelden
An ihrer Kirchgemeindeversammlung hat sich die Evangelische Kirche Kreuzlingen eine neue Gemeindeordnung gegeben. Damit werden die demokratischen Rechte der Kirchbürgerinnen und Kirchbürger gestärkt.
«Eine Kirche ist nicht nur ein Kulturdenkmal, sie soll immer noch eine gesellschaftliche Bedeutung haben», begrüsst Kirchenpräsidentin Susanne Dschulnigg die Kirchgemeinde und begründet gleichzeitig den Entschluss, die Versammlung im Schiff der evangelischen Stadtkirche Kreuzlingen durchzuführen. Ein weiterer Grund hierzu war natürlich die Coronapandemie und der damit einhergehende Platzbedarf für die rund 70 versammelten Kirchbürgerinnen und Kirchbürger.
Das Virus hatte das vergangene Jahr geprägt und für eine Vielzahl an abgesagter Veranstaltungen und Gottesdienste gesorgt. Gleichzeitig schlägt sich der damit einhergehende Minderaufwand positiv auf die Rechnung nieder. Statt der budgetierten 80'000 Franken Verlust kann die Kirchenvorsteherschaft einen Ertragsüberschuss von gut 128'000 Franken verbuchen. Nebst den gesparten Kosten sind dafür höhere Steuereinnahmen verantwortlich.
Nachdem der Ausbau des Kirchgemeindehauses abgelehnt worden war, konnte nun auch der dafür vorgesehene Erneuerungsfonds aufgelöst werden. 300'000 Franken bleiben darin enthalten für allfällige Renovationen. Die Kirchgemeindeversammlung heisst diese Umordnung der Finanzen gut und segnet auch die Rechnung ab.
Finanzielle Kompetenzen bleiben auch bei der Annahme der neuen Gemeindeordnung ein Hauptthema. Das alte Reglement war 2003 erstellt worden und nach einigen Anläufen hat die Kirchenvorsteherschaft nun eine neue Version der Kirchgemeinde vorgelegt. Motivation dahinter war die schwindende Teilnahme an den Versammlungen und der damit einhergehenden Machtbündelung bei der Kirchgemeindeversammlung. Dschulnigg sagt:
«Ein relativ kleiner Anteil der Kirchbürgerinnen und Kirchbürger kann derzeit über alle anderen bestimmen.»
Ziel war es, die demokratischen Rechte der Kirchbürgerinnen und -bürger zu stärken. So muss eine allfällige Fusion oder Abspaltung mit einer anderen Kirchgemeinde neu vom ganzen Kirchenvolk beschlossen werden. Initiativen können bereits mit 200 Unterschriften eingereicht werden und Beschlüsse zu Ausgaben und Einnahmen über 300'000 Franken müssen an der Urne geklärt werden.
Grund zur Diskussion gab die Verkleinerung der Kirchenvorsteherschaft von neun auf sieben Mitglieder. Verschiedene Stimmberechtigte befürchten, dass damit eine Machtkonzentration einhergehe sowie die Flexibilität innerhalb des Gremiums verloren gehe. Die Kirchenpräsidentin entgegnet, dass mit weniger Personen effizienter gearbeitet werden könne. Zudem sind heute bereits nur sieben Mitglieder gewählt und zwei Sitze vakant. Vorstandsmitglied Walter Studer gibt zu bedenken:
«Es ist eine Anpassung an die Realität.»
Grossmehrheitlich stimmte die Kirchgemeindeversammlung schliesslich für eine Verkleinerung.
So wurde die neue Gemeindeordnung Paragraf für Paragraf durchgearbeitet und nicht selten gab es Anmerkungen und Anregungen aus der Versammlung heraus. Der Umgangston war dabei – anders als noch an Kirchgemeindeversammlungen vor ein paar Jahren – wertschätzend und gemeinsam wurde an der besten Fassung für die neue Gemeindeordnung gearbeitet.
Weiter hat die Kirchenvorsteherschaft beschlossen, 280 Quadratmeter des Kirchgemeindehauses dem Alterszentrum Kreuzlingen als Büroräume zu vermieten. Derzeit werden alle Immobilien der Kreuzlinger Kirchgemeinde unter die Lupe genommen, um zu sehen, wo eine allfällige Umnutzung Sinn macht. An einer ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung vom 14. September soll dann über die Erkenntnisse dieser Analyse informiert werden.