Er ist zehnmal langsamer als alle anderen im Betrieb und jetzt ein Star: Am Sonntag zeigt das Schweizer Fernsehen einen Dokumentarfilm über den Egnacher Lucian Toszeghi

Der bald 26-Jährige ist mit einer cerebralen Fehlbildung zur Welt gekommen. In der Gärtnerei von Viktor Gschwend hat er sein Glück gefunden.

Markus Schoch
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Hier fühlt er sich wohl: Lucian Toszeghi im Treibhaus der Gärtnerei von Viktor Gschwend in Neukirch.

Hier fühlt er sich wohl: Lucian Toszeghi im Treibhaus der Gärtnerei von Viktor Gschwend in Neukirch.

(Bild: Reto Martin)

Viktor Gschwend hätte derzeit allen Grund zum Heulen. Er weiss nicht, ob sein Betrieb mit 15 Mitarbeitern noch eine Zukunft hat. Seine beiden Blumenläden in Neukirch und Romanshorn sind geschlossen, in der Gärtnerei stehen Tausende Pflanzen, die er nicht verkaufen kann - ausser in Selbstbedienung und über den Lieferservice. Und trotzdem hat der Präsident der Gärtner im Thurgau in diesen schwierigen Zeiten auch Grund zur Freude.

Das Schweizer Fernsehen strahlt am Sonntag einen Dokumentarfilm über seinen Angestellten Lucian Toszeghi aus. Der Winterthurer Autor, Regisseur und Filmemacher Yusuf Yesilöz hat den bald 26-Jährigen während eines Jahres mit der Kamera begleitet. Es ist die Geschichte eines Jungen, der mit einer cerebralen Fehlbildung auf die Welt kam und der sein Glück bei Viktor Gschwend gefunden hat.

Es passt einfach alles

Toszeghi bezieht eine IV-Rente und arbeitet seit sieben Jahren in der Gärtnerei, zwei davon im Rahmen einer praktischen Ausbildung. Er könnte sich nichts Schöneres vorstellen, sagt Toszeghi.

«Es gefällt mir mega gut hier.»

Alles passe für ihn: Der Chef, das Team, die Nähe zum Elternhaus auf dem Gristenbühl und die Arbeit in der freien Natur. Toszeghi vereinzelt Jungpflanzen und topft sie um, er gibt ihnen Wasser, jätet Unkraut oder schwingt den Besen - was gerade anfällt.

In einer geschützten Werkstatt zu arbeiten, wäre nichts für ihn. «Zu langweilig», sagt er. Als Toszeghi einst in einer Institution schnupperte, musste er stundenlang Nägel sortieren, was ihm nicht gefiel. Zumal er immer schon etwas mit Blumen habe machen wollen.

Clever, feinfühlig und lustig

Gschwend ist voll des Lobes über seinen Angestellten. «Lucian ist der erste, der fragt, was er noch tun könne, wenn er mit einer Arbeit fertig ist. Er ist äusserst pflichtbewusst und sehr loyal.» Darüber hinaus sei er clever, feinfühlig und lustig.

Aber Toszeghi ist aufgrund seiner Behinderung nicht so schnell wie die anderen, weshalb er auch aufgehört hat, Fussball zu spielen. «Ich war zu langsam.» Im Betrieb bringt er etwa 10 Prozent der Leistung der übrigen Angestellten. Zudem braucht er mehr Betreuung. Für Gschwend alles kein Problem.

Viktor Gschwend.

Viktor Gschwend.

(Bild: PD)
«Es ist perfekt, so wie es ist. Wir hatten von Anfang an einen guten Draht zueinander.»

Andernfalls hätte es der Gärtner auch nicht mit Toszeghi probiert. «Die Chemie muss stimmen.» Er sei ein Unternehmer, der seine soziale Verantwortung wahr nehme, sagt Gschwend, der 2018 als Gärtner des Jahres in der Schweiz ausgezeichnet worden ist. Doch das dürfe nicht dazu führen, dass das gesamte Gefüge im Betrieb auseinander falle.

Berufskollegen folgen dem Beispiel von Gschwend

Tozsgehi ist nicht der erste Mensch mit einer Beeinträchtigung, dem Gschwend eine Chance gibt. «Lucian ist der dritte, daneben habe ich immer wieder Praktikanten mit einem Handicap.» Für die Problematik der Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt ist der FDP-Politiker während den acht Jahren als Gemeinderat sensibilisiert worden. Etliche Kollegen in der Branche seien mittlerweile seinem Beispiel gefolgt. Gschwend sagt:

«Ich bin erstaunt, wie viele sich in diesem Bereich engagieren.»

Reich wird niemand damit. Gschwend bekommt vom Kanton jeden Monat 800 Franken dafür, dass er Toszeghi Arbeit gibt, ihm einen Lohn von 400 Franken zahlt und sich um ihn kümmert. «Das stimmt absolut so für mich.» Und für Toszeghi sowieso. Dass es jetzt sogar einen Film über ihn gibt, findet er nur grossartig. «Ich bin ein offener Mensch.»

«Lucian im Glück», Sonntag, 22. März, 15 Uhr, SRF 1

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