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Die bestehenden technischen Anlagen haben das Ende ihrer Laufzeit erreicht und müssen ersetzt werden. Handlungsbedarf besteht auch wegen der Quaggamuschel, die zu einem mehr als lästigen Begleiter der Wasserwerke am Bodensee geworden ist. In einem Jahr sollen die Arbeiten beginnen.
Die Quaggamuschel treibt wie viele andere Wasserwerke auch die Arbon Energie AG um. Die Weichtiere sind 2016 erstmals im Bodensee nachgewiesen worden und verbreiten sich seither rasend schnell. Auch weil sie nicht sehr wählerisch sind in Bezug auf den Untergrund und Lebensräume besiedeln können, die für andere Muscheln eine Todeszone sind. Selbst in 250 Meter Tiefe seien die invasiven Filtrierer zu finden, sagt Silvan Kieber, der Geschäftsführer der Arbon Energie.
Kommt hinzu, dass die Muscheln keine natürlichen Feinde haben und sich praktisch das ganze Jahr über fortpflanzen können. Entsprechend zahlreich sind die frei schwimmenden Larven, die sich am Ende ihrer Entwicklung irgendwo festsetzen und ihrerseits Nachwuchs produzieren. Ein Weibchen kann pro Jahr bis zu einer Million Eier absetzen.
Dass sich die Quaggamuscheln auf dem Ansaugkorb und in der rund einen Kilometer langen Leitung der Wasserfassung anheften, lässt sich kaum ganz verhindern. Und das ist in Arbon auch nicht das Problem. Unbedingt verhindert werden müsse aber, dass die Tiere ins Verteilnetz in ganz Arbon gelangen, obwohl sie in den Rohren dort wenig bis keinen Nährboden finden, sagt Kieber. Diese Gefahr zu bannen sei einer der beiden wesentlichen Gründe, warum die Arbon Energie das Wasserwerk neben dem Schwimmbad modernisiere. Der andere: Die bestehenden Anlagen haben nach über 25 Jahren im Betrieb das Ende ihrer Laufzeit erreicht. «Sie funktionieren noch, sind aber nicht auf dem neusten Stand der Technik», sagt Kieber.
Der Verwaltungsrat der Arbon Energie AG hat deshalb entschieden, 14,5 Millionen Franken zu investieren, um das Seewasserwerk sicher in die Zukunft zu führen. Ein eigentlicher Quantensprung ist die Installation einer Ultrafiltrationsanlage, in der Kleinstpartikel hängen bleiben, die grösser als 20 Nanometer sind. «Damit halten wir die Larven der Quaggamuschel und über 99 Prozent aller Viren und Rückstände zurück», sagt Kieber.
Dem Rest der organischen Inhaltsstoffe gibt Ozon den Rest. Der aktive Sauerstoff ist ein starkes Oxidationsmittel und greift selektiv Doppelbindungen und bestimmte funktionelle Gruppen in Molekülen an und wirkt so als Desinfektions- und Neutralisationsstufe. Das heisst auch: Selbst wenn es im unwahrscheinlichen Fall eine Larve der Quaggamuschel in eine Leitung irgendwo im Boden von Arbon schaffen sollte – sie würde dort verhungern, weil sie im Wasser keine Nahrung finden würde, sagt Kieber.
Der blosse Austausch der bestehenden Komponenten durch neue der gleichen Bauart war eine der vielen Optionen, die ebenfalls zur Diskussion standen. Mit Ausgaben zwischen sechs und zehn Millionen Franken hätten sie aber damit nicht viel gespart im Vergleich zum geplanten Ausbau, sagt Kieber. Und technologisch wäre die Arbon Energie mit dem Seewasserwerk keinen Schritt vorwärtsgekommen. Kieber sagt dazu:
«Das Problem mit der Quaggamuschel würde sich weiter stellen. Das wäre völliger Blödsinn.»
Ganz neu an einem anderen Ort für 25 bis 30 Millionen Franken zu bauen hätte bedeutet, unnötig Geld auszugeben. «Wir kommen mit den bestehenden Räumlichkeiten gut aus. Zudem ist die Bausubstanz des Gebäudes intakt», sagt Kieber. Aber selbstverständlich müssten sie gewisse Kompromisse eingehen, die aber vertretbar seien.
Im Moment läuft die Planung des Projektes auf Hochtouren. Mitte dieses Jahres will die Arbon Energie AG erste Arbeiten ausschreiben. Mit dem Umbau losgehen soll es Anfang des nächsten Jahres. Und Mitte 2024 wird er voraussichtlich abgeschlossen sein. Eine der grössten Herausforderungen ist es, das Wasserwerk in dieser Zeit normal weiterlaufen zu lassen. Nur einmal müssten sie die Anlage kurz abstellen, sagt Kieber. Die Arboner sitzen dann aber nicht auf dem Trockenen. Es besteht eine Verbindung zum Wasserwerk der Regionalen Wasserversorgung St.Gallen AG in Frasnacht. Sie ist beispielsweise für den Havariefall gedacht.
Für die Haushalte und anderen Wasserbezüger hat die Aufrüstung des Wasserwerks im Übrigen keine Folgen auf die Rechnung. «Die Investition wirkt sich nicht auf den Wasserpreis bei den Kunden aus,» sagt Kieber.
Das Wasserwerk in Arbon ist in der Lage, 1'500 Kubikmeter Wasser pro Stunde oder 30'000 Kubikmeter pro Tag aufzubereiten und via Netz beziehungsweise Reservoir Berg an die 24'000 Bezüger im Versorgungsgebiet abzugeben. Etwa die Hälfte wird in Arbon verbraucht, die andere Hälfte in der Region Berg-Häggenschwil, Stachen-Roggwil, Steinach, Frasnacht, Neukirch und Betenwil. Das Wasser wird in etwa 40 Meter Tiefe (Mittelwasserstand) und 1090 Meter vom Ufer entfernt gefasst. Das Leitungsnetz hat eine Länge von insgesamt über 73 Kilometern. (mso)