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Ostschweiz
Kanton Thurgau
Der Regierungsrat plant, das Kantonalgefängnis neu zu bauen und das Gebäude der Kantonspolizei zu sanieren und zu erweitern. Das Projekt wird auf 240 Millionen Franken geschätzt. Nebst dem neuen Kantonsspital Frauenfeld ist es das teuerste, das der Kanton Thurgau je gebaut hat.
Das Thurgauer Kantonalgefängnis soll dank eines Neubaus von 56 auf 120 Haftplätze vergrössert werden. Gleichzeitig soll das Polizeikommando saniert und erweitert werden. Die Nettonutzfläche des Gefängnisses steigt von 2105 auf 5581 Quadratmeter, jene der Polizei von 5634 auf 8060 Quadratmeter.
Die Zahlen stammen aus einer Machbarkeitsstudie des Gesamtprojekts, das die Regierungsräte Cornelia Komposch (SP) und Dominik Diezi (Mitte) am Donnerstag an einer Medienkonferenz vorstellten. Die Kosten werden auf 240 Millionen Franken bei einem Unsicherheitsfaktor von 25 Prozent veranschlagt. Dabei handelt es sich um das teuerste Bauprojekt, das der Kanton Thurgau je umgesetzt hat - abgesehen vom rund 250 Millionen Franken teuren Neubau des Kantonsspitals Frauenfeld durch die kantonseigene Thurmed AG.
Die Details werden mit einem Studienauftrag geklärt, den das Hochbauamt diesen Freitag öffentlich ausschreibt. Zum Wettbewerb eingeladen werden vier bis sechs Teams, wie Kantonsbaumeister Erol Doguoglu erklärte.
Die heutigen Bauten erfüllen ihre Aufgabe nicht mehr, sagte Komposch, Vorsteherin des Departements für Justiz und Sicherheit:
«Die Sicherheitsbedürfnisse müssen laufend aktualisiert werden.»
Das Gesamtkonzept für Gefängnis und Polizei sei eine anspruchsvolle Aufgabe. Die günstigste Lösung bestehe in einer Verdichtung auf dem bestehenden Areal. Baudirektor Diezi, ein ehemaliger Richter, sprach von dem gestiegenen Bedürfnis, Delinquenten härter anzupacken:
«Wir haben nicht per se mehr Kriminalität.»
Es werde «keine Luxuslösung» geben. Für das Gefängnis könne mit Unterstützung des Bundes gerechnet werden.
Das Kantonalgefängnis in Frauenfeld-Ost wurde 1992 erbaut und 2006 erweitert. Die 56 Haftzellen dienen vor allem für Untersuchungs- und Sicherheitshaft, ausserdem für Freiheitsstrafen bis 18 Monate. Weitere 11 Haftplätze befinden sich im Regionalgefängnis Kreuzlingen. Dennoch müssen Zellen oft doppelt belegt und Gemeinschaftsräume in Zellen umfunktioniert werden, sagte Silvio Stierli, Chef des Amts für Justizvollzug.
Weitere je sechs Haftplätze in Bischofszell und am Frauenfelder Marktplatz wurden aufgehoben, da der Betrieb kleiner Gefängnisse aufgrund einer 2017 erstellten Organisationsanalyse als zu teuer erachtet wurde. Das Regionalgefängnis Kreuzlingen wird nur weitergeführt, bis das neue Kantonalgefängnis fertig ist.
Laut Doguoglu wäre ein Umbau des Gefängnisses fast so teuer wie ein Neubau. Bei einem Umbau müssten die Insassen in sicherheitstechnisch aufwendigen Provisorien untergebracht werden.
Der Bedarf an Haftplätzen ist laut Stierli ausserordentlich schwierig vorauszusehen. Derzeit fehlen Plätze für ältere und pflegebedürftige sowie für psychisch auffällige Insassen; diese Gruppen seien in letzter Zeit grösser geworden. Knapp sei auch der Platz, um zu arbeiten. Stierli erinnerte daran, dass Arbeit beim Vollzug einer Haftstrafe gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Freiheitsentzug werde mit dem Neubau an die sich weiterentwickelnden Standards und Empfehlungen angepasst. 120 Plätze sollen den Bedarf langfristig decken.
Die Kantonspolizei hat Räume dazu gemietet, da das Kommandogebäude zu klein geworden ist, sagte Polizeikommandant Jürg Zingg. Platz braucht auch die 2020 beschlossene Aufstockung um 91 Polizisten und 25 Zivilangestellten, ausserdem der kriminaltechnische Dienst und die zusätzlichen Einvernahmezimmer, die aufgrund der neuen Strafprozessordnung auch bei einfachen Delikten nötig sind. Da es schon heute technisch möglich ist, aus Distanz auf Handys und Computer zuzugreifen, müssen solche Geräte in gesicherten Räumen gelagert werden, wenn sie als Beweismittel dienen. Zingg sagte:
«Wenn man will, dass die Polizei professionell arbeitet, muss man ihr auch die Infrastruktur zur Verfügung stellen.»
Die Notrufzentrale muss erneuert und vergrössert werden. Sie wird mit einem neuen Lage- und Informationszentrum (LIZ) zusammengeführt. Dank dem LIZ soll die Einsatzleitung bei einem Grossereignis oder einer Sonderlage wie einer Geiselnahme nicht nach Zürich oder St.Gallen verschoben werden müssen.
Gefängnisneubau und Sanierung des Polizeigebäudes gelten als gebundene Ausgaben. Die Erweiterung des Polizeigebäudes erfordert eine Volksabstimmung, die 2026/27 stattfinden soll. Die Inbetriebnahme ist gemäss Zeitplan für 2034 vorgesehen.
Der Grosse Rat hatte bei der Kantonsschulerweiterung kritisiert, dass er nur zum fertigen Projekt Ja oder Nein sagen konnte. Beim Gefängnis und Polizeigebäude werde die Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission regelmässig informiert, sagte Diezi: «Wir nehmen auch Inputs und Ideen auf.»
Eine Alternative wäre, das Verfahren nach St.Galler Vorbild umzustellen. Der Regierungsrat müsste den Kredit jetzt aufgrund der Machbarkeitsstudie vors Parlament und das Volk bringen, sagte Diezi: «Bei einer Unsicherheit von 25 Prozent wäre das fast nicht seriös.»