Als Kind der geistigen Landesverteidigung am 1. August 1940 erstmals ausgestrahlt, überlebte die Schweizer Filmwochenschau bis 1975. Eine ihrer prägendsten Figuren war dabei ein Thurgauer: der Hauptwiler Hans Laemmel.
Dass die Schweizer Filmwochenschau (SFW) über 35 Jahre existierte, mutet – zumal ab Ende der 1950er-Jahre der Siegeszug des Fernsehens begann – im Rückblick erstaunlich an. In seinem Vortrag, den er auf Einladung des Historischen Vereins des Kanton Thurgau am Mittwochabend im Thurgauer Staatsarchiv hielt, schilderte der Historiker Oliver Schneider, wie der Hauptwiler Hans Laemmel die SFW von 1944 bis 1961 als Chefredaktor führte.
«Er war ein autoritärer Typ, der von Mitarbeitenden gerne als ‹der kleine Diktator› bezeichnet wurde», so Schneider. «Dies deshalb, weil Laemmel der Crew oft nachtelefonierte, und ihr erklärte, was sie wie zu filmen hatten; denn er wollte möglichst wenig Filmmaterial verbrauchen.» Darüber hinaus sei er aber ein «angesehener Filmfachmann» gewesen, der sein Handwerk verstanden habe, urteilt Schneider.
Gefilmt und in den Kinos gezeigt wurde, wonach die geistige Landesverteidigung verlange. Nicht der News-Faktor war in erster Linie wichtig, sondern das Heraufbeschwören einer aus Brauchtum, Kultur und Sport bestehenden heilen Welt. Bei dieser thematischen Melange war der Thurgau bestens als filmischer Vorzeigekanton geeignet. Die Frauenfelder Pfingstrennen, das 150-Jahr-Kantonsjubiläum oder auch die Rettung des Weinfelder Gasthauses zum Trauben als «Thurgauer Rütli» wurden als filmisches Bollwerk der geistigen Landesverteidigung genutzt. Und ganz oft war auch der Frauenfelder Waffenlauf ein Teil der Berichterstattung. Da es aber wöchentlich nur rund 30 Filmkopien gab, schweizweit jedoch einige Hundert Kinos, dauerte es oft wochenlang, bis man den «aktuellen» Film im Kino sah.
Was anfangs noch gut funktionierte – schliesslich war bis Mitte der 1950er-Jahre für viele ein Kinobesuch die einzige Möglichkeit, um Nachrichten in Form der knapp fünfminütigen Wochenschau in bewegten Bildern sehen zu können –, nutzte sich mit dem Siegeszug des Fernsehens immer mehr ab. Auch die Umstellung auf Farbfilm und monothematische Reportagesendungen verfingen immer weniger beim Publikum, derweil die Jahreskosten anfangs der 1970er-Jahre die Millionengrenze überschritten. Da dies in finanziell schwierigen Zeiten geschah, beschloss der Bundesrat im Jahr 1974, die SFW einzustellen, sodass am 11. September 1975 die 1651. Ausgabe als letzte Schweizer Filmwochenschau über die Bühne ging.
Felix Rauh, stellvertretender Direktor von Memoriav – die Schweizer Kompetenzstelle für die Erhaltung des audiovisuellen Erbes –, führte vor dem Referat Oliver Schneiders ins Portal memobase.ch ein und zeigte, wie man die SFW-Filme finden und anschauen kann. Der 1995 gegründete Verein Memoriav hat es sich zum Ziel gesetzt, das audiovisuelle Kulturgut der Schweiz zu retten. Dies tut er, indem er sich finanziell an Erhaltungsprojekten beteiligt, die von Dritten realisiert werden. Seit 1995 wurden rund 200 Projekte realisiert. Darunter auch die Digitalisierung und Rettung der Filme der Schweizer Filmwochenschau.