Startseite
Ostschweiz
Kanton Thurgau
Über zehn Jahre lang fiel ein polnischer Staatsangehöriger durch Einbrüche und zuletzt Körperverletzung und Raub auf. Vor Gericht wehrte sich sein Verteidiger erfolglos – der 24-Jährige muss dreieinhalb Jahre ins Gefängnis und wird des Landes verwiesen.
«Abwechslung macht Freude, allerdings nicht, wenn es sich dabei um die Straftaten des 24-jährigen Mannes handelt», sagte die Staatsanwältin während der Verhandlung am Bezirksgericht in Arbon. Mehrfache Einbrüche, Hehlerei, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Widerhandlung gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz, Gewalt und Drohung gegen Beamte, Körperverletzung und zuletzt noch ein Raub – die Liste der Straftaten, die dem jungen Mann zur Last gelegt werden, ist lang. Beim Raub sei er zwar nicht die treibende Kraft gewesen, aber: «mitgegangen, mitgefangen», so die Staatsanwältin.
Seit seinem 13. Lebensjahr ist der junge Mann immer wieder straffällig geworden. Er hat keine Lehre absolviert, ging keiner Arbeit nach und musste von seiner Familie unterstützt werden. Auf der Suche nach Drogen und Bargeld habe er sich über jegliche soziale Regeln hinweggesetzt. Die diversen Einbruchdiebstähle würden von einer erheblichen kriminellen Energie zeugen, so die Einschätzung der Staatsanwältin.
Einem Bekannten, der ihn auf geschuldetes Geld angesprochen habe, schlitzte er mit einem Cutter den Arm auf. Im Juli 2020 sei er dann mit zwei Kollegen maskiert in die Wohnung eines Arboners gestürmt, um diese leer zu räumen. Mit Druckluftpistole und Schraubenzieher bewaffnet, verletzten die beiden anderen zwei der drei in der Wohnung anwesenden Personen.
Der 24-Jährige sei nicht bewaffnet gewesen, aber er habe einem der zwei Verletzten in den Bauch getreten und die Wohnung nach Drogen und Bargeld abgesucht, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Das Trio wurde noch am selben Abend festgenommen und in Haft gesetzt.
Die beiden Komplizen des 24-Jährigen standen bereits vor Gericht und wurden zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Für den 24-Jährigen forderte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 42 Monaten, eine Busse von 500 Franken und eine Landesverweisung für die Dauer von acht Jahren.
Der polnische Staatsangehörige ist zwar in der Schweiz geboren und aufgewachsen, aber er habe mit seinem renitenten Verhalten keinerlei Respekt vor der schweizerischen Gesetzgebung gezeigt. Nach der verbüssten Freiheitsstrafe könne er in Polen einen Neuanfang starten.
Für den Fusstritt beim Raubüberfall gebe es keinen Beweis, und als er dem Bekannten den Arm aufschlitzte, habe er in Notwehr gehandelt, sagte der Verteidiger des 24-Jährigen und plädierte für eine mildere Strafe: Eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und eine Busse von 350 Franken wären angemessen.
Auf eine Landesverweisung sei zu verzichten, denn sein Mandant habe mit Ausnahme einer alten Grossmutter keinerlei Verbindungen zu Polen. Ein Blick auf das Leben des jungen Mannes bringe Erschütterndes zu Tage. Der Vater arbeitete viel, die Mutter war heroinabhängig, die Ehe wurde geschieden und die Kinder blieben in der Obhut der Mutter.
Auch nach drei Suizidversuchen der Mutter habe die Beiständin nicht eingegriffen. In der Schule sei sein Mandant vom Lehrer geschlagen worden. «Der Lehrer wurde nicht suspendiert, sondern das Kind in einem Heim fremdplatziert», zählte der Verteidiger die Versäumnisse der staatlichen Stellen auf.
Nach Beendigung der Massnahme habe man seinen Mandanten als 16-Jährigen ohne Zukunftsperspektiven auf die Strasse gestellt. Sein Mandant sei einsichtig, zeige Reue und mit therapeutischer Begleitung dürfte es dem Vollzugssystem gelingen, den 24-Jährigen in die Gesellschaft einzugliedern.
Das Bezirksgericht Arbon folgte in seinem schriftlichen Urteil in allen Punkten der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der junge Mann muss seine Freiheitsstrafe von 42 Monaten absitzen und wird anschliessend des Landes verwiesen. Nebst der Busse von 500 Franken muss er rund 60’000 Franken an Verfahrens- und Untersuchungskosten bezahlen. Das Gericht hat zudem 12 Zivilforderungen von Privatklägern gutgeheissen.