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Ostschweiz
Frauenfeld & Hinterthurgau
Bewachung des Zugangs, Plausibilitätskontrolle, Vergleich mit anderen Gemeinden: Stadtpräsident Anders Stokholm und Politologe Silvano Möckli präsentieren eine Reihe von Massnahmen, um weitere Wahlfälschungen zu vermeiden. Stokholm nimmt aber auch den Kanton in die Pflicht.
Eine positive Nachricht zuerst. Geht es nach dem erfahrenen Politologen Silvano Möckli, ist der Thurgau keine Bananenrepublik. «Aus einem Ereignis darf nicht auf das ganze System geschlossen werden», sagt er am Freitagvormittag zu Verbesserungen, um dem im März in Frauenfeld aufgedeckten Wahlbetrug zukünftig vorzubeugen.
Unabhängig von den empfohlenen Massnahmen in einem von Möckli erstellten Bericht gelte das Prinzip «Sorgfalt vor Tempo», selbst wenn die Staatskanzlei am besagten Wahltag beim Frauenfelder Stadtschreiber Ralph Limoncelli schon vor der angewiesenen Deadline auf die Ergebnissen drängte. «Selbst in Drucksituationen wie an Abstimmungs- und Wahltagen muss der Fokus auf Geduld und Sorgfalt liegen», sagt Möckli.
Für die Stadt Frauenfeld geht es jetzt darum, die Lehren aus dem Wahldebakel zu ziehen. Und um sich zu entschuldigen, wie Stadtpräsident Anders Stokholm sagt:
«Es tut uns leid, dass es zu Fehlern und Manipulationen gekommen ist.»
Entschuldigende Worte richtet er an die Bevölkerung in Frauenfeld und im Kanton Thurgau, aber auch an die Direktbetroffenen, namentlich an die GLP und der nun nicht gewählten Severine Hänni.
Stokholm will aber auch festhalten, dass vom Strafverfahren gegen eine namentliche Person weder eine Stadträtin noch ein Stadtrat aus Frauenfeld betroffen ist.
Um wen genau von den 40 Mitgliedern des Frauenfelder Wahlbüros es sich handelt, wissen weder Stokholm noch Möckli. Für den nächsten Abstimmungssonntag vom 27. September jedoch müsse die Zusammensetzung der Wahlbüromitglieder noch erfolgen.
Die jetzt von der Stadt Frauenfeld eingeführten Massnahmen sind nicht gesetzlich vorgeschrieben und dienen als Hilfsmittel. «Als Paket sind diese Massnahmen im Thurgau einmalig», sagt Stokholm. Dabei geht es um folgende Schritte:
Für die drei letzten Verbesserungen zeichnet der Kanton verantwortlich. «Der Regierungsrat muss von sich aus selber Massnahmen beschliessen,» sagt Stokholm. Andernfalls könne er sich vorstellen, als Kantonsrat mit Vorstössen Druck auszuüben. «Der Kanton Thurgau sollte die bestehenden Regeln überdenken», ermahnt Silvano Möckli.
Im Gegensatz zu obigen Vorschlägen hat Möckli weitere zu Papier gebracht, die der Frauenfelder Stadtrat jedoch nicht als notwendig erachtet. Dabei geht es um Folgendes:
In Frauenfeld erfolgen heutzutage rund drei Viertel der Abstimmungen über die briefliche Stimmabgabe, Tendenz steigend. Laut Anders Stokholm sollten obige Massnahmen im ganzen Kanton einheitlich gehandhabt werden. «Sie müssten also von der Staatskanzlei angeordnet werden», sagt er.
Nur gute Systeme seien korrigierbar, weshalb jetzt bestehende Regeln überarbeitet werden müssten. Als Wissenschaftlicher stelle Möckli ein Buffet zusammen. «Was wir dann nehmen, liegt bei den politischen Entscheidungsträgern», sagt er. Und er stellt fest, dass die Thurgauer Gesetze im interkantonalen Vergleich eher lasch seien. «Dass die Mitglieder von Wahlbüros nach dem Parteienproporz zusammengesetzt werden sollen, gehört ins Gesetz», fordert er.
Die Ermittlungen der Thurgauer Generalstaatsanwaltschaft haben den Verdacht erhärtet, dass bei den Grossratswahlen in der Stadt Frauenfeld von Mitte März die Wahlen gefälscht wurden. Neu wird das Strafverfahren gegen eine namentlich bekannte Person geführt, wie die Oberstaatsanwaltschaft am Freitagmorgen mitgeteilt hat.
Damit steht der Genehmigung des 130. Sitzes des Grossen Rates nichts mehr im Weg, heisst es wenige Minuten später seitens des kantonalen Informationsdienstes. Die Wahlgenehmigung dieses Sitzes soll demnach am 1. Juli stattfinden.