Hilfesuchende und Helfende sind in Frauenfeld im Tandem unterwegs

Im Thurgauer Hauptort leisten Freiwillige seit dem Lockdown wegen Corona Hunderte an Stunden Hilfe in der Nachbarschaft.

Stefan Hilzinger
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Nachbarschaftshilfe ist in Coronazeiten gleichbedeutend mit Einkaufen und Besorgungen erledigen für Menschen in Riskogruppen,

Nachbarschaftshilfe ist in Coronazeiten gleichbedeutend mit Einkaufen und Besorgungen erledigen für Menschen in Riskogruppen,

(Bild: Alexandra Wey ,KEYSTONE)

Nein, ein Mann, der komme für sie nicht in Frage. Schliesslich stünden auch Hygieneartikel auf ihre Einkaufsliste. «Also haben wir der betagten Dame für den Einkaufsservice eine Frau zugeteilt», sagt Erika Düring, Leiterin der Vermittlungsstelle für Nachbarschaftshilfe im Kurzdorf. Intensive Tage und Woche liegen hinter den Organisatorinnen und Organisatoren der Frauenfelder Nachbarschaftshilfen, die am 15.März ihr Angebot aufs ganze Stadtgebiet ausgedehnt haben.

Erika Düring, Hansjörg Rietmann, Heinz Wiederkehr und Claire Bont informieren über die Frauenfelder Nachbarschaftshilfe.

Erika Düring, Hansjörg Rietmann, Heinz Wiederkehr und Claire Bont informieren über die Frauenfelder Nachbarschaftshilfe.

Bild: Reto Martin

In zwei Quartieren gibt es bereits organisierte Nachbarschaftshilfen, mit Huben wäre diesen Frühling ein drittes Angebot dazukommen. «Doch Corona kam uns im dümmsten Moment in die Quere», sagt Heinz Wiederkehr, Projektleiter Nachbarschaftshilfe Huben (siehe auch Kasten).

Die Vermittlungsstellen im Kurzdorf und im Ergaten-Talbach sind seit dem Lockdown für das ganze Stadtgebiet zuständig. Beide Teams zusammen hätten bisher mehr als 1000 Stunden geleistet, schätzen Düring und Claire Bont, ihre Kollegin von Ergaten-Talbach. In den ersten beiden Wochen sei der Aufwand immens gewesen. Die eigens eingerichtete Hotline 052 378 15 00 sei zu Beginn sieben Tage die Woche in Betrieb gewesen. Bis zu 48 Anrufe pro Tag hätten die Freiwilligen entgegengenommen, heute seien es täglich noch sechs.

Auf Menschen aus der Risikogruppe ausgerichtet

Einerseits galt es neue Helferinnen und Helfer zu suchen. «Denn unsere gewohnten Helfer gehören altersmässig meist selbst zur Risikogruppe», sagt Hansjörg Rietmann, Leiter Betriebsgruppe der Nachbarschaftshilfe im Ergaten-Talbach. Andererseits galt es die Wünsche und Bedürfnisse der Hilfesuchenden aufzunehmen, und schliesslich mussten die Hilfesuchenden und die Helfenden zusammengebracht werden. Rietmann sagt:

«Mittlerweile gibt es auf dem Stadtgebiet 112 solcher Tandems.»

Im wesentlichen beschränkt sich Nachbarschaftshilfe derzeit auf Einkaufsservice und Besorgungen für Menschen in der Risikogruppe. «Das Gute an der Coronakrise ist, dass unser Angebot bekannter geworden ist», sagt Rietmann. «Hilfe anzunehmen ist Vertrauenssache», sagt Claire Bont. «Für uns ist es daher wichtig, dass möglichst immer die gleiche Helferin für die gleiche Person einkaufen geht», sagt Erika Düring. In den Tandems seien bisher rund 750 Einsatzstunden geleistet worden.

Huben startet nach Coronakrise

In den Quartieren Kurzdorf und Ergaten-Talbach gibt es in Frauenfeld bereits organisierte Nachbarschaftshilfen. Die Hilfeleistungen von Mensch zu Mensch haben sich aus Quartierentwicklungsprojekten heraus ergeben. Seit Anfang Jahr sind die dezentralen Angebote dem Dachverband für Freiwilligenarbeit im sozialen Bereich (DaFa) angegliedert. Konzept und Kommunikation wurden vereinheitlicht. Im Quartier Huben stand das Projekt Nachbarschaftshilfe kurz vor der Lancierung, als die Coronakrise es Mitte März stoppte. Das Angebot soll gestartet werden, sobald es die Umstände erlauben. (hil)

Während wöchentlich noch einzelne neue Hilfeanfragen hinzukommen, gebe es auch erste Hilfesuchenden, die wieder aussteigen. «Mit den ersten Lockerungen kommt nun eine kritische Phase. Denn viele warten nur darauf, wieder einmal selbst einkaufen zu gehen», sagt Düring. «Obwohl die meisten ja sehr dankbar sind für die Unterstützung.» Rietmann sagt, dass das Angebot vorderhand flächendeckend weitergeführt werde. «Von den bis Anfang Juni in Aussicht gestellten Lockerungen gilt keine für die bekannten Risikogruppen», erklärt er.