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Frauenfeld & Hinterthurgau
Tunnel oder nicht Tunnel: Darüber soll bis Ende 2020 Klarheit herrschen. Für die weitere Projektierung wollen Stadt und Kanton je 600'000 Franken aufwerfen. Der Stadtrat hat die Kreditbotschaft zuhanden des Gemeinderates verabschiedet.
Um sein oder nicht sein, wie bei Hamlet, geht es zwar nicht, aber immerhin um die 100-Millionen-Franken-Frage. Soll die Frauenfelder Innenstadt künftig mit einem Tunnel vom Verkehr kleinräumig entlastet werden oder genügen dazu auch oberirdische Massnahmen, wie etwa Tempo 30 oder Einbahnregime? Der Stadtrat will nun in den kommenden beiden Jahren für die Beantwortung der Frage 600'000 Franken aufwerfen.
Die Kreditbotschaft «für die Vertiefung der Machbarkeit/Vorprojekt für die zentrumsnahe Stadtentlastung» hat der Stadtrat diese Woche zuhanden des Gemeinderates verabschiedet. Die Gesamtkosten für die vertiefte Machbarkeitsstudie betragen 1,2 Millionen Franken, die sich Stadt und Kanton hälftig teilen. Es werden nun zwei Möglichkeiten zur Stadtentlastung im Detail weiter geplant:
Dieses Frühjahr führte der Stadtrat eine öffentliche Vernehmlassung zur künftigen Stadtentlastung durch. Die Tunnelvariante 20 fand bei 42 Prozent der Stellungnahmen Zustimmung, die Hälfte aber lehnt den Tunnel ab. Die Vernehmlassung habe gezeigt, schreibt der Stadt nun in der Botschaft, «dass ein beachtlicher Teil der Stellungnehmenden nur flankierende Massnahmen und Tempo 30 ohne einen Strassenneubau wünscht».
So werde die Variante «Null plus» nun vertieft ausgearbeitet. Dies soll laut Stadtrat letztlich helfen, in der für 2021 anvisierten Volksabstimmung eine Mehrheit zu finden. «Um eine Abstimmung gewinnen zu können, müssen wir klare Aussagen machen können», sagte Stadtpräsident Anders Stokholm, als der Stadtrat Anfang Oktober die Resultate der Vernehmlassung vorstellte.
In der Kreditbotschaft, die Anfang nächsten Jahres ins Frauenfelder Stadtparlament kommen dürfte, umreisst der Stadtrat, welche Aspekte der beiden Varianten für eine Stadtentlastung nun konkretisiert werden sollen. So sind dies bei der Tunnelvariante 20 etwa die künftigen Tunnelportale. «Die Zerschneidung des Marktplatzes durch die Zufahrt in die Innenstadt soll möglichst vermieden werden».
Die 1,2 Millionen Franken umfassen laut Botschaft die Kosten für Planung, Verkehrsmodell, Kommunikation, Bauherrenunterstützung und Expertentätigkeit. Die Arbeiten werden nach dem Vorgaben für das öffentliche Beschaffungswesen vergeben. In Budget und Finanzplan der Stadt sind für die nächsten beiden Jahre 300'000 Franken vorgesehen.
Da am Ende des Prozesses kein vollumfängliches Vorprojekt nach SIA-Norm resultiere, müsse bei den Kosten mit Ungenauigkeiten von +/- 25 bis 30 Prozent gerechnet werden. Eine verfeinerte Projektierung soll erst nach einem frühen Volksentscheid erfolgen, um den «Verlust an Planungsgeldern zu begrenzen».
Die Kerngruppe der Interessengemeinschaft IG Velo Frauenfeld spricht sich einer Medienmitteilung nicht grundsätzlich gegen die Tunnelvariante aus. Sie unterstütze eine «kostenwirksame, effiziente, spür- und sichtbare Verkehrsentlastung des Frauenfelder Zentrums mittels einer geeigneten Tunnelvariante», heisst es.
Allerdings nur unter der Bedingung, «dass dadurch eine oberirdische Verkehrsreduktion von mindestens 75 Prozent erreicht wird». Bei der zur Diskussion stehenden Variante 20 erwartet der Stadtrat eine Entlastung von «lediglich 20 bis 50 Prozent». «Im Vergleich zu den hohen Kosten ist uns das klar zu wenig.»
Daher ist in den Augen der IG Velo bei der weiteren Planung vordringlich, die Entlastungswirkung der Tunnellösung zu verbessern, unter anderem mit oberirdischen Massnahmen wie Temporeduktion, verkehrsfreie Gebiete, lokale Einbahnen oder Sackgassen. «Diese Massnahmen müssen verbindliche Bestandteile des Projektes sein.»
Als Utopie bezeichnet die IG die weiterhin im Richtplan aufgeführte Westumfahrung Messenriet – Aumühle. Eine zentrumsnahe Verkehrsentlastung müsse deshalb auch ohne diese weiträumige Umfahrung funktionieren. Die Frauenfelder seien nicht bereit, 100 Millionen Franken zu investieren, wenn dann trotzdem weiterhin 10'000 Fahrzeuge pro Tag vor dem Rathaus verkehren.
Mitglieder der Kerngruppe der IG Velo Frauenfeld sind die Gemeinderäte Anita Bernhard (CH) sowie Andrea Ferraro und Michael Lerch (beide FDP). Ferner gehören ihr an: Kaspar Fröhlich, Architekt Bruno Stäheli und der frühere CH-Gemeinderat Benjamin Stricker Zirfass.(hil)