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Frauenfeld & Hinterthurgau
Geht es nach Lignum Ost, dem Dachverband der Holzwirtschaft, so soll aus dem Erlös der TKB-Partizipationsscheinen in Frauenfeld ein Eidgenössisches Kompetenzzentrum für Holztechnologie, Gebäude-IoT und Nachhaltigkeit entstehen. Am Dienstag wurde das Projekt vorgestellt.
Durch den Verkauf von Partizipationsscheinen bescherte die Thurgauer Kantonalbank dem Kanton als Eigentümer 127 Millionen Franken. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, Ideen einzureichen, was denn nun konkret mit dem Geld passieren sollte.
Dabei galten folgende Vorgaben des Regierungsrates: es mussten Projekte sein, die einen Nutzen für den ganzen Kanton haben und ihn über seine Grenzen hinaus «positiv bekannt» machen. Auch haben nur Projekte eine Chance, die als langfristige Investition bewertet werden. Zudem müssen die Projekte eine positive Bewertung im Nachhaltigkeitsdreieck von Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft erreichen.
Alle diese Bedingungen sieht der Geschäftsführer von Lignum Ost, Simon Biegger, bei den eigenen Projekten als gegeben. «Wir haben zwei Projekte eingereicht, die exakt zu den geforderten Kriterien passen, nämlich den Bau eines eidgenössischen Kompetenzzentrum für Holztechnologie, Gebäude-IoT und Nachhaltigkeit sowie die Realisierung des bereits im ursprünglichen Gestaltungsplan für den Murg-Auen-Park vorgesehen Murg-Auen-Turm.»
Der Murg-Auen-Turm ist kein neues Projekt, sondern war und ist immer noch Teil des ursprünglichen Gestaltungsplanes der Murg-Auen-Parkanlage, wurde aber bis dato aus Kostengründen nicht realisiert, könnte aber mit einer einfachen Baueingabe gebaut werden. Beim Turm handelt es sich nicht um einen klassischen Aussichtturm, sondern um einen Turm mit Gucklöchern, durch die der Wald betrachtet und beobachtet werden kann. Mit dem fehlenden «Puzzleteil »Turm soll die Murg-Auen-Parkanlage vollendet werden. (art)
Während das erste Projekt mit veranschlagten Kosten von 60 bis 80 Millionen Franken (wovon 40 Millionen aus den TKB-Millionen) ganz klar der Kategorie der «Leuchtturm»-Projekte angehört, handelte es sich beim Murg-Auen-Turm um ein kleines Projekt, das 950'000 Franken kosten würde. Auch für den Präsidenten von Lignum Ost, Paul Koch, ist klar:
«Ein Hochhaus aus Holz im Landkanton Thurgau, welches das Bild der modernen Stadt Frauenfeld prägt, das wäre doch phantastisch.»
Die Vision von Lignum Ost hat es in sich: Das 80 Meter hohe Holzhochhaus, das im Murgbogen gebaut werden soll, soll dereinst als Campus eines Eidgenössischen Kompetenzzentrums für Holztechnologie das sein, was für die Naturwissenschaften heute die 1855 gegründete ETH ist, nämlich «eine Jahrhundertchance […] für unseren Kanton und die Schweiz – mit einer Ausstrahlungskraft und einen Einflussbereich weit über unsere Landesgrenzen hinaus – etwas, das es so auf der ganzen Welt noch nicht gibt», wie Lignum in den Medienunterlagen euphorisch schriftlich festhält.
Auch Thomas Rohner, Professor für Holzbau und & BIM an der Berner Fachhochschule, kann sich den Campus als «Innovationszentrum, Denkfabrik, Kreativwerkstatt, Kollaborationsplattform, Bildungsstätte und Konzeptschmiede» und somit als «der Ort, wo das zukünftige Bauen entwickelt werden wird», gut vorstellen.
Für den Frauenfelder Architekten Thomas Hasler, Staufer & Hasler Architekten AG, ist klar, dass es im Murgbogen «baurechtlich realistisch und sinnvoll» sei, einen solchen Bau zu errichten, denn «in der Gegend gibt es viele Gebäude, die sowieso ersetzt werden müssen». Klar setze der Campus in städtebaulicher und architektonischer Hinsicht «Höchstleistungen voraus», aber ein so ambitioniertes Projekt vertrage nun einmal «keine Mediokrität», so Hasler.
«Der Weg ist gewiss schwer und opfervoll, aber ein solches Werk realisiert man auch nicht einfach so – denn geradeaus gibt es keine Innovation. Diese Unerschrockenheit, mit der Lignum Ost hier vorgeht, empfinde ich deshalb als richtigen Ansatz», sagte Hasler. Und Bauingenieur Christoph Meier betonte den Nachhaltigkeitsaspekt, der mit dem Bau einherginge: «Holz ist nachhaltig, denn die 4‘500 Kubikmeter Holz, die wir fürs Hochhaus brauchen würden, wachsen in den Thurgauer Wäldern in zehn Tagen wieder nach.»