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Grossratswahlen: Die Thurgauer Grünen erleben ihren dritten Frühling.
Noch nie seit ihrer Gründung 1983 verbuchten die Thurgauer Grünen einen so grossen Erfolg wie am Sonntag. Mit 15 der 130 Grossratssitze haben sie sogar die verbündete SP überflügelt. Seit Einführung des kantonalen Proporzwahlrechts 1920 hat umgekehrt die SP nie so schlecht abgeschnitten. «Wir sind definitiv jemand», sagt Kantonalpräsident Kurt Egger.
«Ich gehe davon aus, dass wir die Zusammenarbeit mit der SP diskutieren müssen.»
Die GP sei jetzt gleichstark. Die GP habe einen Sitz mehr, die SP einen leicht höheren Wähleranteil.
Die Thurgauer Grünen hatten eine ersten Hochphase nach 1988. Darauf folgte 2004 mit 13 Sitzen der bisherige Höchststand. Das dritte Hoch sollte sich nach Meinung des Parteipräsidenten vor allem aufs Grossratspräsidium auswirken. Die Grünen verlangen seit langem, berücksichtigt zu werden. Die Forderung richtet sich nicht speziell an die SP.
Bisher stellen die Regierungsparteien SVP, FDP, CVP und SP jeweils einen Vertreter in den vier Jahren zwischen den Wahlen. Zuletzt verwarf der Grosse Rat am 14. August 2019 mit 71 Nein zu 38 Nein eine Motion der fünf übrigen Grossratsparteien, die ihre angemessene Berücksichtigung forderten.
Die SVP biete immer Hand dazu, sagt SVP-Fraktionspräsident Stephan Tobler. Voraussetzung sei, dass die SVP einmal pro Legislatur an der Reihe sei. Daran halte sie nach ihren zwei Sitzgewinnen vom Sonntag erst recht fest.
Bisher sei man davon ausgegangen, dass die Regierungsparteien berücksichtigt werden sollten, sagt der Fraktionspräsident der FDP, Anders Stokholm. Nun müsse man neu diskutieren. Es sei für ihn «selbstverständlich, das Wahlresultat in die Überlegungen einzubeziehen».
SP-Fraktionspräsidentin Sonja Wiesmann hält sich zurück. Ob die SP die GP unterstütze, «kann ich im Moment nicht sagen».
Auch in den Führungsgremien der staatsnahen Betriebe sollen die Grünen nach Eggers Meinung angemessen berücksichtigt werden. Der Anspruch gilt auch für den Thurgauer Regierungsrat. Dieses Ziel hat die Präsidentin der Schweizer Grünen, Regula Rytz, am Sonntag per Twitter unterstützt: «In vier Jahren schaffen wir es auch in den Regierungsrat!»
Auf wessen Kosten ein grüner Regierungssitz ginge, ist offen. Erster Kandidat ist die SP, die seit 1941 ununterbrochen in der Regierung vertreten ist. Aber auch CVP und FDP haben keine garantierte Vertretung mehr.
Die Grünen halten ihre Stärke längerfristig, glaubt Parteipräsident Egger. Die Corona-Krise befördere ihre Themen noch. So setzten sie sich beispielsweise schon lange fürs Einkaufen in der Region ein: «Wenn wir die Krise halbwegs unbeschadet überstehen, bleibt Umweltschutz wichtig. Nur wenn wir in eine Rezession absacken, wage ich keine Prognose.»