Ausstellung
Facetten weiblicher Kunst zwischen Cervelat, Romantik und Tagebuch: Das ist die neue Gruppenschau in der Frauenfelder Stadtgalerie Baliere

Die Gastkuratorinnen Anna Limacher und Samantha Zaugg verantworten die aktuelle Baliere-Ausstellung «Facetten», für die sie zwölf Künstlerinnen eingeladen haben. Das Resultat ist eine erfrischend anregende Mischung aus Techniken und Medien. Die Schau läuft bis 1. April.

Dieter Langhart
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Das «Zeitkleid» von Cornelia Schedler.

Das «Zeitkleid» von Cornelia Schedler.

Bild: Dieter Langhart

Es ist der absolute Blickfang in der Baliere: Cornelia Schedlers «Zeitkleid» – eine gehäkelte Installation, die sich als luftiges Kleid gibt. Die Künstlerin greift ihr Lebensalter (63) auf und multipliziert es: 63 Kieselsteine hat sie mit 63 Fäden umhäkelt und die Fäden mit je 365 Maschen an ihrem Zeitkleid angebracht. Jede Masche bedeutet einen Tag, jeder Strang ein Jahr – schlichter und raffinierter geht es nicht. Die Künstlerin betreibt ein Druckatelier in Frauenfeld und kombiniert oft Druckgrafik, Textilien und Organisches.

Eine Arbeit von Ying Xu.

Eine Arbeit von Ying Xu.

Bild: Dieter Langhart

Anna Villiger, Leiterin der Stadtgalerie, hat für die aktuelle Ausstellung zwei Gastkuratorinnen engagiert. Anna Limacher und Samantha Zaugg haben lauter Frauen eingeladen, nebst arrivierten Künstlerinnen auch solche, die erstmals öffentlich ausstellen. Gleich beim Eingang fällt eine Cervelat-Haut auf, die mit rotem Faden zusammengenäht wurde, daneben zwei Blumen, mit rotem Faden bestickt, sodann ein grosses Wandbild aus rotem Faden. Die in Schaffhausen lebende chinesische Künstlerin Ying Xu schafft so eine neue Körperlichkeit, die zugleich irritiert und poetisch anmutet.

Prozesse werden erlebbar gemacht

Eine Arbeit von Isabel Eberle.

Eine Arbeit von Isabel Eberle.

Bild: Dieter Langhart

Tiana Borcherding aus Frauenfeld spielt mit dem Thema Edelkeit. Sie stellt triviale Objekte aus edlem Material wie Silber her und Schmuckobjekte aus billigem Material. Flora Hausammann, die derzeit Jura in London studiert, untersucht in ihrer Installation, wie Texte entstehen, macht das Schreiben als Prozess erlebbar. Die Frauenfelderin Isabel Eberle gestaltet seit neun Jahren täglich ein Bild, wobei sie als Rechtshänderin absichtlich mit der linken Hand arbeitet. In ihrer Installation im Keller kommentiert sie das Pandemiejahr auf 365 Karten: Skizzen, Zeichnungen, Gemaltes werden zu einer eigentlichen Wand der Erinnerung.

Eine Arbeit von Ying Xu.

Eine Arbeit von Ying Xu.

Bild: Dieter Langhart

Im zweiten Kellerraum hat sich Jana Kohler eingerichtet: Drei Stoffobjekte am Boden und ein Musikvideo («Never Promised You A Rose Garden») untersuchen, wie Romantik vermittelt wird. Die Künstlerin, die selbst im Video auftritt, spielt mit Erwartungshaltungen, Emotionen, Klischees rund um Liebesbeziehungen. Salomé Käsemodel zeigt in ihrem Film eine Art Porträt ihrer Grossmutter. Sie musste im Krieg aus Chemnitz fliehen und reist mit ihrer Enkelin und ihrer Familie in ihre alte Heimat zurück. Zwei Welten, zwei Weltbilder treffen aufeinander, und spürbar wird, wie schwierig es ist, eine nahe stehende Person vorzustellen und dabei sensibel und achtsam zu bleiben.

Eine anregende Mischung aus Techniken

Baliere-Kuratorin Anna Villiger mit den Gastkuratorinnen Anna Limacher und Samantha Zaugg.

Baliere-Kuratorin Anna Villiger mit den Gastkuratorinnen Anna Limacher und Samantha Zaugg.

Bild: Dieter Langhart

Die Ausstellung «Facetten» in der Baliere ist eine frische und anregende Mischung aus Medien und Techniken. Samantha Zaugg, die selbst eine Arbeit zeigt, und Anna Limacher, die nebst ihrem Kunststudium in der Galerie Kirchgasse arbeitet, sagen:

«Wir hatten Lust, in Frauenfeld eine Ausstellung zu organisieren.»

Frauenfeld sei zwar klein, «aber es gibt so viele interessante Kunstschaffende hier – wir hätten eine viel grössere Ausstellung machen können».

Ausstellung «Facetten» bis 1. April. Do/Fr, 17 bis 21 Uhr; So, 14 bis 18 Uhr. Führungen am 10. März, 19.30 Uhr, und 20. März, 16 Uhr.
www.baliere-frauenfeld.ch