Aadorf
Aadorfer Sekschüler erleben auf einer Alp eine Woche im Schneegestöber und ohne Luxus

Um ihnen Durchhaltevermögen und Eigenverantwortung zu vermitteln, hat der Aadorfer Schulsozialarbeiter Roland Müller mit vier Sekschülern eine Projektwoche im Freien durchgeführt. Bereits der erste Tag war eine Bewährungsprobe.

Kurt Lichtensteiger
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Drei der Aadorfer Sekschüler, die an der Projektwoche teilgenommen haben, während der Mittagsverpflegung.

Drei der Aadorfer Sekschüler, die an der Projektwoche teilgenommen haben, während der Mittagsverpflegung.

Bild: PD

Fehlender Lerneifer, mangelnde Ausdauer und Eigenverantwortung, kein Durchhaltewillen, Schulschwänzen, Unzuverlässigkeit: «All das sind keine günstigen Voraussetzungen auf der Suche nach einer Lehrstelle im letzten Schuljahr», sagt der Aadorfer Schulsozialarbeiter Roland Müller.

Gerade an diesen Sozialkompetenzen fehlte es vier kommenden Aadorfer Schulabgängern. «Um diesem Handicap entgegenzuwirken, konnte ich die Jugendlichen und deren Eltern von einem nachhaltigen Projekt überzeugen, das nicht als Strafe daherkam, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe», sagt Roland Müller.

«Dass die Jungs darauf die Chance gepackt haben, etwas zu erleben, was ihnen einen Motivationsschub verleiht und sie im späteren Leben weiterbringt, ist erfreulich.»

Er verweist damit auf eine Projektwoche im Freien. Ihr voraus gingen eingehende Gespräche mit den Beteiligten, die mit Blick auf die Schwächen in die Planung einbezogen wurden. Dazu gehörte auch der Materialtransport inklusive Proviant im Rucksack.

Roland MüllerSchulsozialarbeiter Aadorf

Roland Müller
Schulsozialarbeiter Aadorf

Bild: Kurt Lichtensteiger

Dass bereits der erste Tag zu einer echten Bewährungsprobe werden würde, war natürlich nicht vorgesehen. Bei heftigem Schneetreiben und stampfend in einem halben Meter tiefen Neuschnee musste von Neu St.Johann aus die Wolzenalp erreicht werden.

Hütte bietet nur das Nötigste

Am Zielort auf 1100 Meter Höhe erwartete das Quintett eine Hütte, die nur auf das Einfachste und Nötigste ausgerichtet war. Kein Strom, kein fliessendes Wasser, nur ein Plumpsklo und eine Holzfeuerung. Der fehlende Luxus wurde mit Einfallsreichtum und Improvisation minimiert, den Hygieneregeln nach Vorschrift entsprochen.

Die weiteren Tage sollten nicht weniger anforderungsreich werden: Schneeschuh-Wandern bei heftigem Schneetreiben oder stürmischem Regen, im Freien ein Feuer mit Feuersteinen entfachen und kochen gehörten ebenso dazu wie intensive Einzel- und Gruppengespräche. Mit dem Zweck, das eigene Verhalten zu thematisieren und zu reflektieren. Als Ergebnis kam heraus, dass jedes Verhalten seine Auswirkungen hat und jeder Entscheid auf den Entscheidungsträger zurückfällt.

Einer der Aadorfer Schüler beim Schneeschuhwandern bei Schneetreiben.

Einer der Aadorfer Schüler beim Schneeschuhwandern bei Schneetreiben.

Bild: PD

Am Schluss kamen viele Erlebnisse, auch vereinzelte Schlüsselergebnisse zusammen, die in einem Tagesbericht festgehalten wurden. Mit Stolz auf das Durchhaltevermögen, mit gestärktem Selbstvertrauen, aber auch mit der Genugtuung, etwas Sinnvolles geleistet zu haben, konnten die vier Schüler den Schulalltag wieder in Angriff nehmen. Bereits mit einem kleinen Erfolgserlebnis: Kein Schüler fehlte am ersten Morgen nach den Ferien.

Für 950 Schüler tätig

Befriedigt über das gelungene Projekt, zeigte sich auch Roland Müller. Beim Projekt orientierte er sich an den Theorien und Methoden der Erlebnispädagogik. Der 47-Jährige ist mit zwei Kolleginnen für die Schulsozialarbeit an den Schulen Aadorf mit rund 950 Schülerinnen und Schülern tätig.

Das Schulsozialarbeiterteam, mit insgesamt 160 Stellenprozenten, bietet Unterstützung bei sozialen Problemen, wie bei Mobbing oder häuslichen und psychischen Schwierigkeiten. Sie sind direkte Ansprechpersonen oder werden kontaktiert über Lehrpersonen oder Eltern. Zwei Kernaufgaben stehen im Vordergrund, nämlich die Beratung und die Projektarbeiten. Zum Letzteren gehören Medienkonsum, Gewaltprävention, Sexualpädagogik, Förderung der Sozialkompetenz und Stärkung der Persönlichkeit.