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An der 1.-Mai-Feier des Thurgauer Gewerkschaftsbunds im Frauenfelder Murg-Auen-Park steht der Kampf gegen den Sozialabbau im Zentrum der Ansprachen.
Bei Temperaturen im einstelligen Bereich stellten Vertreter der politischen Linken an der 1.-Mai-Feier im Pavillon des Frauenfelder Murg-Auen-Parks deutliche Forderungen an die Sozialpartner.
Nicht nur die Jungsozialisten rührten die Werbetrommel für ihre 99-Prozent-Initiative, welche Kapitaleinkommen eineinhalbfach so stark wie Arbeitseinkommen besteuern will. Auch die Gewerkschafter liessen kämpferische Töne vernehmen.
So betonte der frischgebackene Präsident des Thurgauer Gewerkschaftsbundes, Lukas Auer, Arbon, vor knapp hundert Zuhörern, dass der Kampf für die Arbeitnehmerrechte auch unter ihm weitergehen wird: Der 30-jährige Arboner sagte:
«Ich sehe meine neue Aufgabe als Chance, eine moderne, freche, aber auch traditionelle Gewerkschaftspolitik zu machen.»
Und erklärte, wie er dies realisieren wolle: «Es muss verstärkt politischer Druck aufgebaut werden.» Dafür nahm er seine Altersgenossen in die Pflicht: «War es für frühere Generationen eine Selbstverständlichkeit, dass man für seine Arbeitsbedingungen kämpfte, so scheint es, dass die neuen hier einiges verlernt haben.»
Dabei gebe es auch heute vieles, für das es sich zu kämpfen lohne: «Wir dürfen uns nicht auf den Errungenschaften vergangener Tage ausruhen, sonst wird alles zurückgeschraubt. Wir müssen wieder in die Offensive gehen und merkbare Verbesserungen einfordern.»
Zuvor hatte Auer seine Vorgängerin und Eisenbahngewerkschafterin Edith Graf-Litscher mit herzlich-launigen Worten verabschiedet: «Deine Sitzungen waren in der Durchführung besser als der Zugverkehr bei den SBB.»
Kämpferisch liess sich auch SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard vernehmen. Gerade Corona zeige, wie wichtig die Gewerkschaften seien. Der Druck auf die Heime, Spitäler und die ganze medizinische Grundversorgung sei enorm:
«Es gab Arbeitslosigkeit, Stellenabbau und sinkende Einkommen.»
560'000 Menschen seien arbeitslos oder in Kurzarbeit und auf die Arbeitslosenversicherung angewiesen, um zu überleben. Vor der Krise sei diese Zahl fünf Mal tiefer gewesen.
Seit Monaten müssten Hunderttausende Familien mit 20 Prozent weniger Lohn auskommen, weil es auf Flughäfen, in der Gastronomie oder im Tourismus an Arbeit fehle. Damit sei in der Gesellschaft die Angst vor der Zukunft gewachsen.
Einfache Lösungen gebe es für diese komplexen gesellschaftlichen Fragen nicht. Doch klar sei, dass der Kampf gegen die zunehmende soziale Ungerechtigkeit weitergehen müsse. Die Medizin habe leider keinen Impfstoff gegen die zunehmende soziale Ungerechtigkeit in petto:
«Wir, die Gewerkschaftsbewegung, bilden den Impfstoff.»
Während der Krise habe der SGB mit grossem Einsatz bei den Behörden interveniert, um den Sozialabbau zu begrenzen.
Nun müsse aber der Staat dem Volk beistehen, indem er Massnahmen gegen den Kaufkraftverlust ergreife, den grosse Teile der Bevölkerung erlitten hätten. Eine Idee, woher das Geld für diese Massnahme ohne weitere Staatsverschuldung kommen solle, hatte Maillard auch schon: «Die Krankenkassen horten einen Überschuss von fünf bis sechs Milliarden Franken.»