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Das ehemalige Schlachthaus von Heiden soll ein zweites Leben als Schaumetzgerei erhalten. Die Bauernschaft der Umgebung steht der Idee wohlwollend gegenüber. Es gibt aber auch kritische Stimmen.
Eine geplante Schaumetzgerei in Heiden will neue Wege in der Verarbeitung und Vermarktung von regionalem Fleisch gehen. Die Tiere sollen auf dem Hof getötet und dann zur Weiterverarbeitung in die Metzgerei gebracht werden. Analog einer Schaukäserei könnte das Publikum bei der Herstellung von Fleischprodukten zuschauen. Es wird mit Beiträgen der öffentlichen Hand gerechnet. Die Idee finden aber nicht alle gleichermassen gut, wie eine Umfrage in Heiden und Umgebung ergab.
Keine grosse Freude am Projekt hat Metzger André Bühler, der in Heiden ebenfalls eine eigene Fleischverarbeitung betreibt. Seine Kunden sind Bauern aus der näheren Umgebung, deren Schlachttiere er im Lohn veredelt. «Die nur gut einen Kilometer entfernte Schaumetzgerei wäre eine direkte Konkurrenz für mich, noch dazu unterstützt mit Steuergeldern.» Wenn die Betreiber der Schaumetzgerei wirklich ausschliesslich Fleisch aus Hoftötungen anbieten, wäre es ein Alleinstellungsmerkmal, so Bühler. «Damit könnte ich leben.»
Metzger Urs Fuchs aus Grub findet die Idee grundsätzlich eine gute Sache. Doch auch er meint, dass für alle Marktteilnehmer die gleichen Bedingungen und Vorgaben herrschen müssten. «Gemäss Tierschutzverordnung dürfen zwischen Betäubung und Entblutungsschnitt lediglich 60 Sekunden verstreichen. Das ist bei einer Hof- oder Weideschlachtung nicht einhaltbar, da das Tier dafür zuerst hochgehoben werden muss.» Ausserdem müsste das Tier vier Prozent des Blutes verlieren, bevor es abtransportiert wird. Das sei kaum kontrollierbar, sagt Fuchs. Die geltende Gebührenverordnung belastet Kleinbetriebe seiner Ansicht nach viel mehr als Grossbetriebe. «Aus finanziellen Gründen sollte ich schon lange nicht mehr selber schlachten,aber wegen des Tierwohls und der Qualität machen wir’s noch so lange wir dürfen.»
Der ehemalige Ausserrhoder Bauernpräsident Ernst Graf findet die Idee einer Schaumetzgerei in Heiden gut. «Das Gebäude wurde ja für diesen Zweck gebaut und es ist sinnvoll, wenn es weitergenutzt werden kann.» Die Lage so nah bei seinem Hof sei ideal. Er wäre auch bereit, sich am Projekt finanziell zu beteiligen. Dies vor allem aus Tierschutzgründen. «Für die Tiere ist der Transport ins Schlachthaus und das Warten in einer fremden Umgebung ein sehr grosser Stress. Den könnte man mit der Hoftötung vermeiden. Dabei bleibt das Tier bis zu seinem Tod in der gewohnten Umgebung und merkt vom Ganzen praktisch nichts.»
Der Heidler Sternekoch Tobias Funke hat als Mitglied der Projektgruppe von Anfang an bei den Plänen der Schaumetzgerei mitgewirkt. «Ich habe das Thema Hof- und Weideschlachtung schon früher mit grossem Interesse beobachtet und bin überzeugt, dass diese Methode einen grossen Beitrag an das Tierwohl leistet und eine Chance für die lokale Landwirtschaft ist.» Er sei persönlich nicht der Meinung, dass man jeden Tag Fleisch essen müsse, sagt Funke. «Das ist ein riesengrosser Luxus. Aber wenn Tiere schon getötet werden, dann sollte man sie auch komplett verwerten.» Eine Schaumetzgerei würde viel Aufklärungsarbeit leisten, ist er überzeugt. «Ich könnte mir vorstellen, dass in dieser coolen Location dereinst Schulungen für Gastrolehrlinge stattfinden. Aber auch Oberstufenschüler liessen sich damit an das Thema Ressourcenschonung heranführen.» Auch für den Tourismus und die Gastronomie sei ein solches Angebot wichtig, ist Funke überzeugt. «Damit gibt es einen Grund mehr, nach Heiden zu kommen.»
Nicht alle Befragten wollten ihren Namen in der Zeitung lesen. Von einigen wurde die Befürchtung geäussert, dass die Menge des verarbeiteten Fleisches nicht gross genug ist, um profitabel zu wirtschaften. Die Kosten könnten aus dem Ruder laufen, denn ein denkmalgeschütztes Gebäude zu renovieren, sei teuer. Auch wird bemängelt, dass das Projekt keinen fachkundigen «Kopf» hat. Es brauche einen Unternehmer, der die Sache in der Öffentlichkeit mit Überzeugung vertrete und vorantreibe.