Gasttrainer
«Ihr dürft stärker schubsen als in einem Kindergarten»: Schwinglegende Ernst Schläpfer gibt in Herisau sein Comeback

Mit dem Schwingklub Herisau ist er nach wie vor eng verbunden. Nun gibt Ernst Schläpfer ein Comeback als Trainer. Die Schwinglegende unterstützt als Gasttrainer die technische Leitung.

Lukas Pfiffner
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Die Herisauer Aktiven nehmen im Schwingkeller Ebnet die Ratschläge von Ernst Schläpfer (rechts) auf.

Die Herisauer Aktiven nehmen im Schwingkeller Ebnet die Ratschläge von Ernst Schläpfer (rechts) auf.

Schwingkeller im Herisauer Ebnet, Dienstagabend. Neun Aktive des lokalen Schwingklubs wärmen sich ausserhalb des Sägemehls in Dreiergruppen auf. «Böcklispringen und dann untendurch.» Einspringen und Wegrollen in Bauchlage. Dann Hin- und Herschubsen. «Ihr dürft stärker schubsen als in einem Kindergarten», meint der Trainer. Der heisst Ernst Schläpfer. Die Schwinglegende ist für seine direkte Art bekannt.

Dass er selber an diesem Tag offensichtlich Beschwerden beim Gehen hat, liegt daran, dass er mit seiner Frau einen längeren Spaziergang gemacht hat. «Ich habe als Pensionär dafür Zeit. Aber da spüre ich jeweils nachher die Achillessehnen», erzählt Ernst Schläpfer. Davon abgesehen liege es aber für seinen Körper nicht mehr drin, mehrmals pro Woche stundenlang im Sägemehl herumzuturnen, wie er es ausdrückt.

Zwischenzeitlich packt Ernst Schläpfer selber zu – dies ohne Brille.

Zwischenzeitlich packt Ernst Schläpfer selber zu – dies ohne Brille.

In seiner zweiten Heimat in Schaffhausen trainiert er deshalb neuerdings nur noch die Nachwuchsschwinger, nicht mehr die Aktiven. «Mit dem Schwingklub Herisau ist abgemacht, dass ich ein- bis zweimal pro Monat im Training der Aktiven anwesend bin und die technischen Leiter unterstütze», erzählt Schläpfer, der kürzlich den 67. Geburtstag gefeiert hat und als Mitglied des Schwingklubs stets mit Herisau in Kontakt geblieben ist.

Ab und zu eine Reminiszenz

Das Aufwärmen wird mit Liegestützen abgeschlossen. Die Aktiven ziehen sich die Schwinghose an, wechseln ins Sägemehl. «Achtet auf die Fussstellung», fordert Schläpfer. Die Stimmung wechselt ab zwischen Lockerheit mit dem einen oder anderen Spruch und konzentrierter Anstrengung. Der Trainer korrigiert, er lobt, er treibt an.

An der Wand hängen Fotos von Kämpfen und ein grosses Plakat des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfestes 2022 in Pratteln. Manchmal baut Schläpfer eine Reminiszenz ein aus seiner Aktivzeit. «Den kennt ihr vermutlich nur noch vom Namen her», ergänzt er und bringt Beispiele von aktuellen Schwingern. «Super kämpft ihr», freut sich der Trainer. «Wenn es nicht geht: Schaut, dass ihr einhaken könnt und mehr Hebel habt.»

«Ich würde es sehr begrüssen …»

Auf die Ausbildung zum Primarlehrer folgte für Ernst Schläpfer, der in Wolfhalden aufgewachsen ist, einst ein Studium der Agronomie. Er doktorierte und gehörte für die SP Herisaus Einwohnerrat an – bis zu seinem Wechsel nach Neuhausen Ende der Achtzigerjahre. Zuletzt arbeitete er als Rektor des Berufsbildungszentrums Schaffhausen. Auch im Kanton Schaffhausen politisierte er, aktuell ist er als Parteiloser Teil des Gemeindeparlaments Neuhausen.

Zweimal ist Schläpfer Schwingerkönig geworden: 1980 in St.Gallen und 1983 in Langenthal. 1986 verpasste er in Sion den dritten Titel ganz knapp. Ein Jahr später beendete er die Aktivkarriere. Seither übte und übt er verschiedene Ämter in Vereinen und Verbänden aus. Wie hat sich der Schwingsport seit seiner Zeit verändert? Gibt es mehr und neue Schwünge? «Ich würde es sehr begrüssen, es würde wieder stärker auf die Schwünge gesetzt.» Es werde viel mit enormer Kraft bewirkt, viele Spitzenschwinger würden vor allem auf athletische Fähigkeiten setzen. «Ich möchte mithelfen, dass auch auf die Technik und die Schnelligkeit grosser Wert gelegt wird.»

Das Vorzeigen ohne Brille

Schläpfer achtet in seiner Arbeit auch auf Details. Das Training findet die Fortsetzung mit Flanken- und Konterschwüngen, dann widmen sich die Herisauer Schwinger mehreren Variationen anderer Schwünge. Ab und zu legt Schläpfer die Brille auf die Seite, packt zu Demonstrationszwecken selber zu. Dabei rät er den Herisauern: «Voll greifen können vielleicht 80 Prozent der Schwinger – die arbeiten nachher fast mit reiner Kraft. Die meisten von euch gehören wohl nicht zu diesen: Greift deshalb relativ locker, dann könnt ihr besser Schwünge ausführen.»

Bei der nächsten Übung verlangt er eine besonders saubere technische Ausführung: «Macht jetzt nicht auf Wettkampf!» Die Basisarbeit steht aktuell im Vordergrund, die Saisonhöhepunkte der Schwinger sind noch weit entfernt.