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Kultur
Die lokale Freie Szene von Luzern müsse sich mehr vernetzen, sagt Magdalena Drozd. Ab Sommer leitet sie den Bereich Theater und Performance im krisengeschüttelten Südpol.
Magdalena Drozd ist 1987 in Warschau geboren und in Deutschland aufgewachsen. Seit 2011 lebt sie in Zürich, wo sie die Hochschule der Künste absolviert hat. Ihre Arbeiten zeigte sie unter anderem am Fabriktheater. Die transdisziplinäre Künstlerin und Dramaturgin leitet seit Oktober 2018 mit Janine Bürkli die Tanz- und Theaterproduktionen im Krienser Südpol. Ab Juli übernimmt sie den Bereich Theater/Performance. Damit gehört sie zur künstlerischen Leitung, die neu aus fünf Personen besteht. Das Kulturlokal hat nach einer grossen Krise im vergangenen Jahr sein Betriebskonzept und seinen Vorstand erneuert.
Es lastet ein hoher Druck auf den Neuen, die jetzt die «Baustelle» Südpol übernehmen. Wie ist das für Sie?
Magdalena Drozd: Mit Druck kann ich gut umgehen. Ich finde es irgendwie spannender, wenn es einem nicht so einfach gemacht wird. Und der Wechsel ermöglicht uns viel Raum für Experimente. Aber es gilt natürlich, das Budget und die Vorgaben des Subventionsvertrags mit der Stadt zu erfüllen.
Unter anderem müssen Sie bis 2022 die Anzahl Besucher und Kulturveranstaltungen «deutlich steigern». Was haben Sie beim Theater vor?
Transdisziplinäre Ansätze finde ich am interessantesten. Dafür wird es im Südpol viel Platz geben. Ich meine Formate, die nicht klar eingeordnet werden können, und Prozesse, in denen unterschiedliche Disziplinen zusammen etwas entwickeln.
Können Sie da ein Beispiel aus dem Festivalprogramm der Heimspiele 2019 nennen?
Ich bin sehr gespannt auf die Mischung aus Bewegung, Musik und Theater im Projekt der Tänzerin I-Fen Lin.
Mit dem zeitgenössischen Ansatz verfolgen Sie die bisherige Richtung weiter. Gibt es auch Neuheiten?
Ich plane kleinere Performanceangebote mit Partnern aus der Bildenden Kunst, namentlich dem Sic! Raum für Kunst und der Kunstplattform Akku. Ansonsten wird es insbesondere mehr Vermittlung geben, etwa über Publikumsgespräche, Workshops oder Vorträge. Das ist gerade bei experimentellen Formaten wichtig. Generell wünsche ich mir, dass der Südpol auch ein belebter Ort der Theaterszene wird, wo man sich austauscht und kennen lernt.
Eine Möglichkeit für mehr Publikum wären Projekte mit dem Luzerner Theater wie die gutbesuchte «Dancemakers»-Reihe.
Unser Fokus liegt momentan auf Kooperationen innerhalb der Freien Szene. Wir bleiben jedoch bestimmt im Austausch mit dem Luzerner Theater.
Bleiben die Künstlerresidenzen bestehen?
Ja, in der nächsten Saison werden rund zehn Gruppen oder Solistinnen und Solisten aus Tanz und Theater im Südpol Produktionen realisieren.
Haben Sie schon einen Überblick über das professionelle Theaterschaffen der Region?
Er kommt langsam, vor allem in Luzern. Die anderen Kantone der Zentralschweiz muss ich mir noch ein bisschen erarbeiten. Den Südpol kannte ich zwar von Theaterbesuchen, aber oft hatte ich Stücke bereits in Zürich gesehen, bevor sie hier liefen.
Sollte der Südpol im Bereich Theater mehr nationale Ausstrahlung haben?
Das ist durchaus ein Anspruch von mir. Aber ich denke, das Ziel ist vor allem, das Luzerner Publikum anzuziehen. Eine Vorgabe des Subventionsvertrags ist es ja, zuerst die lokale Szene zu fördern. Das finde ich gut. Ich möchte vor allem langfristige Kollaborationen mit Künstlerinnen und Künstlern aus der Freien Szene von hier aufbauen. Der Südpol soll aber auch weiterhin als Partner für nationale Produktionen wahrgenommen werden.
Die lokale Freie Szene hat sich beklagt, sie sei im Südpol untervertreten.
Diese Klagen gibt es überall. Mir erscheint das Verhältnis recht ausgeglichen: Ein grosser Teil lokale, ein gewisser Teil nationale und ein ganz kleiner Teil internationale Produktionen. Es ist wichtig, offen zu bleiben. Zum einen für Inputs von aussen, zum anderen ermöglicht es den lokalen Gruppen auch eher, zu touren. Alles läuft heute über Beziehungen und Netzwerke. Das ist für Luzern besonders wichtig. Es ist eine starke Szene, der es aber an manchen Stellen noch an nationaler Vernetzung fehlt.
In Ihrer Biografie finden sich eine feministische Riot-Grrrl-Band und osteuropäische Wurzeln. Fliesst dies ins Südpol-Programm mit ein?
Theater und Kunst aus Osteuropa finde ich spannend, auch in politischer Hinsicht. Ein paar Kontakte hätte ich tatsächlich dahin. Konkret ist hier allerdings nichts geplant. Zum Genderdiskurs haben wir in der nächsten Saison sicher drei Stücke. Nicht wegen mir, das Thema ist halt brandaktuell. Ich probiere bei uns im Betrieb derweil die Schreibweise «Künstler*in» einzuführen. Doch das geht nicht von heute auf morgen ... wie jede Änderung.