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In der Kaserne Basel sind alle Betriebe geschlossen. Was das genau bedeutet, sagt Geschäftsleiter Thomas Keller.
Die Kulturszene wurde von der Coronakrise zuallererst getroffen. Seit gut einem Monat gelten Veranstaltungseinschränkungen und -verbote. Künstler und Veranstalter haben mit grossen Planungsunsicherheiten und finanziellen Einbussen zu kämpfen, und niemand weiss, wie lange der kulturelle Lockdown noch anhält. Wie geht ein mittelgrosser Kulturbetrieb wie die Kaserne Basel damit um? Wir haben den Geschäftsleiter Thomas Keller gefragt.
Thomas Keller: (lacht) Ja, ich schlafe immer noch ruhig.
Da ist sicher einmal die grosse finanzielle Unsicherheit und die Frage, wie es mit uns weiter geht. Wir haben derzeit keine Einnahmen von Veranstaltungen und die Gastronomie, eine für uns wichtige Einnahmequelle, steht auch still.
An vorderster Stelle gilt die Sorge all unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das sind einerseits die Festangestellten, für die wir letzte Woche Kurzarbeit beantragt haben. Andererseits arbeiten wir mit vielen Freelancern zusammen, denen wir ebenfalls versuchen, unter die Arme zu greifen.
Thomas Keller ist seit 2008 Geschäftsführer der Kaserne Basel, Vorstandsmitglied bei Pro Kasernenareal und beim Kulturbüro Basel. Er hat seither massgeblich zur nationalen und internationalen Profilierung des Theater- und Konzertbetriebs in der Kaserne beigetragen.
Keller ist 1973 in Bern geboren und hat dort Germanistik und Theaterwissenschaften studiert. Nach der Leitung des Studententheaters der Uni Bern hat Keller seit dem Jahr 2000 für verschiedene Festivals, Regisseure und Theaterformationen gearbeitet, u.a. für Öff Öff Productions in Bern und Krautproduktionen in Zürich. (bal)
Unmittelbar stellt sich die Frage nach der Liquidität. Vorerst ist diese für die kommenden Monate gesichert.
Wir könnten via BKB auch auf Kreditmöglichkeiten zurückgreifen. Aber als subventionierter Betrieb erhalten wir die Gelder für unsere Dienstleistungen weiter. Wir stehen da im engen Dialog mit der Stadt und der Abteilung Kultur und erhalten derzeit viel Unterstützung.
Ich denke schon. Wir haben ja Zeichen vom Bund und vom Kanton erhalten, dass es auch für Veranstalter Lösungen geben wird. Das ist nicht grad morgen der Fall, aber in den nächsten Wochen werden diese kommen.
So würde ich das noch nicht sagen. Wir haben immer noch die Hoffnung, dass wir im Juni noch das eine oder andere machen können. Wir hätten da unser Geburtstagsfest zu 40 Jahre Kaserne geplant, zudem hoffen wir, einige Schweizer Künstler noch zeigen zu können. Mit internationalen Acts hingegen wird es schwierig. Es fragt sich halt, wie lange die Krise dauert.
Wir versuchen möglichst, Anlässe zu verschieben. Aber die Kapazität ist natürlich beschränkt. Wir sind ja schon länger an der Planung für 20/21. Deshalb wird es Veranstaltungen geben, die leider gar nicht stattfinden können, wie beispielsweise das Festival Steps anfang Mai oder das Jazzfestival. Bei diesen abgesagten Anlässen geht es nun um die Frage, wie die Ausfallkosten gedeckt werden.
Wir haben auch das Ziel, die Künstlerinnen und Künstler so gut wie möglich zu unterstützen. Aber ich würde das nicht so pauschal verkünden wie die Gessnerallee. Da gibt es Gagen, Koproduktionsverträge, bereits gemachte Vorleistungen. Die einzelnen Fälle sind zu unterschiedlich, als dass man sie über einen Kamm scheren kann.
Die grössten Schwierigkeiten haben diejenigen, die am Produzieren sind. Sie können Ihre Stücke nicht fertig herstellen, sie dürfen ja gar nicht proben. Sie haben also nicht einmal eine Produktion, das sie nach der Krise anbieten können. Sie müssen den ganzen Probenprozess verschieben. Das stellt viele vor ganz schwierige Fragen. Aber auch diejenigen, die eigentlich auf Tour wären, haben schlicht keine Einnahmen mehr.
Bis Ende August ist es noch relativ weit. Das Programm ist eigentlich bereits gemacht. Wir möchten dieses wie geplant vor den Sommerferien kommunizieren. Aber auch da sind wir im laufenden Kontakt mit allen Produzenten, vor allem denjenigen ausserhalb des Schengen-
raumes, und das sind viele. Wir behalten uns einen Spielraum vor, indem wir die Drucklegung des Programms so weit wie möglich hinausschieben.
Ich bin zurückhaltend optimistisch. Vielleicht können wir das Restaurant wieder öffnen und zumindest einige Schweizer Künstler zeigen.
Wenn die Schliessungsphase bis in den Herbst andauert, werden wir grossen Schaden nehmen. Dann können wir definitiv nicht mehr einfach verschieben, sondern müssen ganz viel absagen, da würden sich schon existenzielle Fragen stellen.
Die Subventionen decken den Basisbetrieb. 25 Prozent des Budgets erwirtschaften wir selbst. Das sind bei 4.5 Millionen Franken Umsatz, rund 1.2 Millionen. Müssten wir sechs Monate geschlossen bleiben, fehlt uns rund eine halbe Million.
Über Kredite würde das sicher nicht gehen, da wir diese in Zukunft kaum vernünftig abzahlen könnten. Es müsste über den vom Bund und den Kantonen angekündigten Krisenfond laufen.
Die Baustelle läuft zurzeit wie geplant weiter. Für die Betreiber- und Mieterausschreibung hätte Ende März einen Anlass stattfinden sollen. Damit kann im Grunde erst weiter gemacht werden, wenn man sich wieder persönlich in grösseren Gruppen austauschen kann. Das Verfahren liegt auf Eis.
Dass Mieter und ein Betreiber gesucht werden, ist ja kommuniziert. Wenn der Prozess der Ausschreibung Ende Sommer wieder aufgenommen werden könnte, hätten wir noch ein Jahr Zeit. Das wäre sicher knapp, aber machbar. Ich glaube nicht, dass sich die Eröffnung verschieben wird, zumal gewisse Mieter, wie wir, die Moschee und andere planmässig einziehen werden.
Natürlich geht es uns allen an die Existenz. Aber wir sind eine Branche, die sich Flexibilität gewöhnt ist. Das merken wir nun in dieser Krise.
Nein, die Künstlerinnen und Künstler müssen mit der sehr grossen Unsicherheit umgehen, und sie schauen sich auch um. Derzeit passiert so viel Aussergewöhnliches wie Grenzschliessungen, Ausgangsverbot, Ruf nach digitaler Kontrolle. Das alles wird unsere Gesellschaft verändern. Ich stelle fest, dass die freie Kunstszene bereits sehr genau hinschaut. Das wird sich garantiert in unserem zukünftigen Programm niederschlagen.