Umwelt
Kanton Aargau muss Luftqualität verbessern – das könnte auch für Sie teurer werden

Die Luftqualität im Aargau werde immer besser, sagt ein Experte des Kantons. Dennoch weist der Bund verschiedene Kantone an, Massnahmen zu ergreifen, die zur weiteren Verbesserung beitragen. Wir stellen diese vor und zeigen, ob Sie als Privatperson auch davon betroffen sind.

Alessandro Crippa
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Mit einem neuen Massnahmenplan will der Kanton die Luftqualität verbessern.

Mit einem neuen Massnahmenplan will der Kanton die Luftqualität verbessern.

Ralph Ribi

Gemäss Umweltschutzgesetz und Luftreinhalte-Verordnung ist der Aargau – wie andere Kantone auch – verpflichtet, Massnahmen zur Reduktion der Luftschadstoffbelastung umzusetzen. Am Freitag ist bekannt geworden, dass der Regierungsrat den «Massnahmenplan Luft 2022» beschlossen hat. Er ersetzt eine Version aus dem Jahr 2009. Es handle sich dabei um einen verbindlichen Planungsbericht, schreibt der Kanton in einer Mitteilung.

Der «Massnahmenplan Luft» legt das angestrebte Emissions-Reduktionsziel fest und zeigt die Handlungsfelder mit Massnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in den kommenden Jahren auf. Dazu schreibt der Kanton: «Die Massnahmen wirken sich positiv auf die Luftqualität und damit auch auf die Gesundheit der Bevölkerung, die Biodiversität und den Klimawandel aus.»

Alles im Namen der Umwelt und der Nachhaltigkeit: Der Kanton Aargau präsentierte am Freitag den «Massnahmenplan Luft 2022»

TeleM1

Der Experte sagt: «Wir haben noch einen weiten Weg vor uns»

Heisst das, dass die Luftqualität im Kanton Aargau schlecht ist? Nein, sagt Heiko Loretan, Leiter der Sektion Luft, Lärm und Nichtionisierende Strahlung beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt. «Die Luftqualität wird immer besser und ist Resultat jahrelanger Anstrengungen.» Aber sie sei noch nicht gut genug, erklärt Loretan.

«Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.» In einem heissen Sommer, wie etwa dem vergangenen, sei die Ozonbelastung immer noch sehr hoch (Stufe 5 von 6). Das bringt dann Probleme für gesundheitlich angeschlagene Personen, beispielsweise Asthmatiker.

Heiko Loretan leitet die Sektion Luft, Lärm und Nichtionisierende Strahlung beim Kanton Aargau.

Heiko Loretan leitet die Sektion Luft, Lärm und Nichtionisierende Strahlung beim Kanton Aargau.

zvg

Aus dem Luftreinhaltekonzept des Bundes liessen sich auch die Emissions-Reduktionsziele der gängigsten Luftschadstoffe für den Kanton Aargau ableiten. Bei den meisten Luftschadstoffen zeigt sich, dass die bisher realisierten und beschlossenen Massnahmen nicht genügen, um das Ziel – Einhaltung der Immissionsgrenzwerte und ausreichender Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt – zu erreichen.

Keine Standortnachteile für den Aargau wegen Verschärfung der Massnahmen

Einige Massnahmen mussten also angepasst – konkret: verschärft – werden. Dabei hat sich der Kanton an Vorgaben des Bundes zu halten. Wichtig ist gemäss Heiko Loretan, dass die Massnahmen trotz der Verschärfungen finanziell tragbar sind. Der Aargau hat sich dementsprechend auch an umliegenden Kantonen wie Bern und Zürich orientiert.

Eine der geplanten Massnahmen ist ein Förderprojekt für E-Ladestationen für Privathaushalte. Eine andere betrifft Neubauten wie Shoppingcenter. Wenn ein solches gebaut wird, soll künftig stärker darauf geachtet werden, dass die Leute eher mit dem Öffentlichen Verkehr anstatt mit dem Auto anreisen. Massnahmen könnten etwa höhere Parkgebühren sein, um die Wahl des Verkehrsmittels bewusst zu beeinflussen.

Und wenn neue Wohnüberbauungen mit Holz beheizt werden, dürfte das für den Investor künftig etwas teurer werden, weil die Grenzwerte verschärft werden. Die Regierung habe versucht, hier einzelne Personen möglichst nicht zu belasten, weil es aktuell schon viele Herausforderungen gebe, wie steigende Krankenkassenprämien, erklärt Heiko Loretan.

Für die Betroffenen würden sich keine nennenswerten Standort- oder Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Kantonen ergeben, heisst es in der Mitteilung. Dies, weil auch die anderen Kantone ähnliche Pläne verfolgen und die Massnahmen dem Stand der Technik entsprechen.

Hier wird der Hebel angesetzt

Der Kanton Aargau hat schliesslich für vier Handlungsfelder Massnahmen ausgearbeitet, die ab sofort umsetzbar sind, betrieblich und technisch.

  • Mobilität: In diesem Handlungsfeld sind unter anderem folgende Massnahmen vorgesehen: emissionsarmer Betrieb im öffentlichen Verkehr, Förderung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, Ausarbeiten einer Beschaffungsrichtlinie für die kantonale Fahrzeugflotte, Ökologisierung der kantonalen Verkehrsabgabe.
  • Feuerungen: Hier zielen die Massnahmen insbesondere auf Holzfeuerungen, die für einen hohen Anteil der Feinstaubemissionen verantwortlich sind. Diese Emissionen können beispielsweise durch verschärfte Emissionsgrenzwerte oder auch durch eine verbesserte Kontrolle und Wartung der Feuerungsanlagen reduziert werden.
  • Industrie und Gewerbe: Gleiches gilt für industrielle und gewerbliche Prozesse, welche die Hauptemissionsquellen von flüchtigen organischen Verbindungen sind. Diese Emissionen sollen bei bestimmten Anlagentypen gezielt reduziert werden – durch eine Verschärfung der Emissionsgrenzwerte und eine verbesserte Kontrolle der Anlagen.
  • Landwirtschaft: Im vierten Handlungsfeld geht es darum, die Ammoniakemissionen zu reduzieren. Für die nächsten zehn Jahre wurde ein konkretes Ammoniak-Emissionsreduktionsziel verabschiedet. Ein separater Massnahmenplan Ammoniak mit konkreten Massnahmen wird bis Ende Jahr ausgearbeitet – etwa durch technische und betriebliche Massnahmen bei der Tierhaltung oder beim Hofdüngermanagement.

Die Luft als wichtigstes Lebensmittel

Die durch die Umsetzung der Massnahmen erzielte Senkung der Luftschadstoff- und Treibhausgasemissionen reduziert bis 2025 die Gesundheitsschäden gemäss Modellrechnungen um mindestens 56 Millionen Franken. Die durch Luftschadstoffe verursachten Kosten für Biodiversitätsverluste sinken umgerechnet um rund 3 Millionen Franken, jene für Klimaschäden um rund 4 Millionen Franken.

Nicht zuletzt deshalb sei es zentral, ein besonderes Augenmerk auf die Luftqualität zu haben, sagt Heiko Loretan und nennt ein Beispiel. «Trinkt man kein Wasser, überlebt man vielleicht drei Tage. Hat man keine Luft zum Atmen, dann überlebt man vielleicht drei Minuten. Wir müssen der Luft also Sorge tragen. Sie ist unser wichtigstes Lebensmittel.»