Strommangel
Sogar ein Grüner ist dafür: Läuft in Birr bei einer Stromlücke im kommenden Winter ein Ölkraftwerk?

Zuerst sollte die Versuchsanlage von Ansaldo in Birr als Gaskraftwerk für den Notfall eingesetzt werden. Jetzt prüft der Bund gar einen Betrieb mit Öl, weil das Gas knapp werden könnte. Obwohl das sehr klimaschädlich ist, spricht sich sogar Grünen-Grossrat Jonas Fricker dafür aus – um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten

Fabian Hägler
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Ansaldo Energia betreibt in Birr ein Gaskraftwerk im Testbetrieb: Winfried Kuhn, Head of Supply Chain AES, Gerd René Albiez,Chef Ansaldo in Baden, und Felix Ruckli, Unterhaltsverantwortlicher in Birr, zeigen das Werk der AZ.

Ansaldo Energia betreibt in Birr ein Gaskraftwerk im Testbetrieb: Winfried Kuhn, Head of Supply Chain AES, Gerd René Albiez,Chef Ansaldo in Baden, und Felix Ruckli, Unterhaltsverantwortlicher in Birr, zeigen das Werk der AZ.

Alex Spichale

Grossräte von SVP, Mitte, Grünen, EVP, GLP und SP sprachen sich schon im Januar dafür aus, das bestehende Gaskraftwerk von Ansaldo in Birr als Reserve-Anlage einzusetzen, wenn es im Winter zu einer Stromlücke kommen sollte. Gian von Planta (GLP) und seine Mitstreiter stiessen bei der Regierung auf offene Ohren: Man könne sich vorstellen, mit dem Betreiber ein entsprechendes Abkommen zu schliessen, antwortete diese auf den Vorstoss.

Später sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga gegenüber der AZ, bei der Suche nach einem Standort für ein Gaskraftwerk hätten bestehende Anlagen einen Vorteil. Birr erschien auch in der Liste der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) als Standort. Seither blieb es relativ ruhig, doch nun kommt neue Bewegung in die Frage, wie die Versuchsanlage in Birr genutzt werden könnte.

Wie die «Sonntags- Zeitung» berichtet, prüft das Energiedepartement von Sommaruga auch Ölkraftwerke. Diese sind zwar klimaschädlicher als Gas, weil bei der Verbrennung mehr CO2 entsteht, dafür sollte im Winter genügend Öl verfügbar sein – was beim Gas aufgrund der Abhängigkeit von Russland ungewiss ist. Das Departement sagt zwar nicht, ob das Kraftwerk in Birr konkret geprüft werden, klar ist aber: Es ist für den Betrieb mit Öl geeignet.

Betreiberfirma Ansaldo ist bereit, den Ölbetrieb zu prüfen

Eine Turbine kann so viel Strom produzieren wie das AKW Beznau 1. Zudem führen Bahngleise auf das Areal und es gibt dort Öltanks, wie die «Sonntags-Zeitung» berichtet. Gerd Albiez, Verwaltungsratspräsident von Ansaldo Energia Switzerland, sagt gegenüber der Zeitung allerdings: «Unter normalen Umständen ist es ökonomisch und rechtlich nicht möglich, das Kraftwerk in Birr bis im kommenden Winter so weit zu haben, dass es als Reservekraftwerk für die Stromproduktion zur Verfügung steht.»

So berichtet der Fernsehsender Tele M1 über das Thema.

Tele M1

Doch wegen der drohenden Stromlücke erklärt sich Ansaldo nun bereit, die Inbetriebnahme für diesen Winter zu prüfen. Dies unter der Bedingung, dass «Kosten keine Rolle spielen und der Bund kurzfristig mit Notrecht die Bewilligung ermöglichen würde», sagt Albiez. Der Grünliberale Gian von Planta sagt, er würde dies unterstützen und glaube, dass die Anlage betriebsbereit gemacht werden könnte.

Grünen-Grossrat: Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein

Zusammen mit ihm hat auch Jonas Fricker von den Grünen den Vorstoss für ein Gaskraftwerk im Januar unterschrieben. Was sagt der frühere Grünen-Nationalrat zu einem Betrieb mit Öl? «Ich sehe das pragmatisch: Die Klimaziele müssen natürlich erreicht werden, auf dem Weg dahin muss aber die Versorgungssicherheit gewährleistet sein.» Fricker weist darauf hin, dass das Kraftwerk in Birr nur für den Notfall gedacht sei. Vor dem Hintergrund der Gasknappheit sei es aber richtig, auch den Betrieb mit Öl zu prüfen, findet er.