Rheinfelden
Doris Horvath: Das Malen empfindet sie manchmal wie einen Blindflug

Die Rheinfelder Künstlerin nähert sich intuitiv den Motiven ihrer Bilder an. Sie weiss meist nicht, was entsteht – und genau das macht es spannend. Für die 54-Jährige hat auch das Übermalen ihrer Bilder nichts Abschreckendes, im Gegenteil. Ihre April startende neue Ausstellung ist für sie eine Rückkehr zu den Wurzeln.

Peter Schütz
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Das Wenige kann trotzdem viel sein. Doris Horvath mit einem Bild in ihrem Atelier.

Das Wenige kann trotzdem viel sein. Doris Horvath mit einem Bild in ihrem Atelier.

Peter Schütz (1. April 2022)

Das biedermeierlich geprägte Nussbaumerhaus am Zollrain in Rheinfelden lässt von aussen nicht erkennen, was in einem Teil seines Inneren entsteht: Landschaften wie von einer anderen Welt, geografisch nicht verortbar, ohne Menschen, selten mit Tieren. Auf einem Bild erscheint eine Möwe auf einer hellblauen, mit einer Spur von Ocker versehenen Fläche. Sie fällt nicht sogleich auf, spielt also nicht unbedingt die Hauptrolle in dem Bild.

«Ich probiere, nicht zu gegenständlich zu sein», erklärt deren Schöpferin Doris Horvath. Und fügt an:

«Die Natur kann man nicht schöner machen, als sie ist.»

Einmal hat sie zwar Schwäne gemalt, nachdem sie ihnen beim Rudern begegnet ist. «Sie waren so majestätisch, da wollte ich sie real malen», berichtet die 54-jährige Künstlerin, «aber das war nur eine Phase.»

Sie möchte nicht aus dem Kopf heraus konstruieren

In der Regel geht sie anders vor, freier, offener. Sie möchte nicht aus dem Kopf heraus etwas konstruieren, sagt sie, «sondern spüren, was kommt, was zeigt sich jetzt». Manchmal empfindet sie das Malen wie auf Blindflug, wenn sie nicht weiss, wie ein Bild wird, «das macht es spannend».

Auf einem anderen Bild, das im Atelier im Nussbaumerhaus steht, sind undefinierbare Flugobjekte auszumachen. Es könnten im Wind flatternde Drachen sein oder Vögel in einer Haltung, die sie artfremd wirken lassen. «Ich deute nur an, was am Himmel ist», bemerkt Doris Horvath. Mit diesem Teil des Bildes ist sie zufrieden, mit dem unteren Teil in Grün nicht. Den wird sie wahrscheinlich übermalen. Wie sie es mit vielen ihrer Bilder macht.

Für Doris Horvath hat das Übermalen nichts Abschreckendes, im Gegenteil. Es ist ein selbstverständlicher Teil des Malprozesses. Manche ihrer Bilder können aus bis zu 40 Schichten bestehen. Dennoch bleibt immer viel Raum mit viel Licht, so, als ob alles aus einem Guss entstanden ist. Zurzeit sei sie daran, zur Reduktion zu finden, sagt sie.

«Die Fülle zu malen, ist viel einfacher und das Wenige kann trotzdem viel sein», sagt sie. Dazu, keine «echten» Landschaften abzubilden, sagt sie:

«Ich probiere mehr die Atmosphäre von einer Landschaft umzusetzen, welche Empfindung ich dabei habe. Das ist meine Aufgabe als Malerin.»

Ihr gefalle das Entstehen, fährt sie fort, «das Werden». Und: «Ich sehe es als Geschenk, dass ich malen und zusehen darf, wie etwas entsteht.» Einen realen Ausgangspunkt haben ihre Bilder trotzdem. Sie ist als Kursleiterin für ein Reiseunternehmen tätig.

Doris Horvath aus Rheinfelden benutzt auch Steine als Ausgangsmaterial für ihre Bilder.

Doris Horvath aus Rheinfelden benutzt auch Steine als Ausgangsmaterial für ihre Bilder.

Peter Schütz

Asche von der nordfriesischen Insel Amrum

Im Februar war sie auf der nordfriesischen Insel Amrum. Von dort nahm sie Asche von einem abgebrannten Feuer mit. Diese hat sie mit einem Bindemittel vermischt und auf Leinwand gestrichen, sodass ein dunkelgrauer Grund entstanden ist. Auf anderen Bildern verwendet sie rotes, mit einem Mörser zerkleinertes Gestein aus Andalusien oder Steinmehl aus dem Binntal im Wallis.

Bis auf die Farbe gibt es jedoch keinen Hinweis auf einen bestimmten Ort. Horvath lässt den Betrachtern viel Spielraum. «Ich habe keine Freude am Hineininterpretieren», gesteht sie.

Eine Ausstellung als Rückkehr zu den Wurzeln

Doris Horvath, Jahrgang 1968, stammt aus Winterthur. Seit 2000 lebt sie in Rheinfelden, ist verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Töchtern. Sie hat eine vierjährige Kunstmaler-Ausbildung an der Visual Art School Basel in Münchenstein absolviert.

Ab dem 30. April stellt sie in der wiederbelebten Galerie Looberg auf dem Lohnberg bei Zuzgen aus. Für die Malerin ist es eine Rückkehr zu den Wurzeln. Denn ihre allererste Ausstellung hatte sie eben dort im Jahr 2008, zusammen mit Paul Agustoni.